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Abruzzen: Regen und Nachbeben erschweren Rettungsarbeiten

Im italienischen Erdbebengebiet suchen Helfer weiter nach Überlebenden. Ihre Arbeit wird durch Regen, Kälte und heftige Nachbeben erschwert. Tausende mussten die Nacht in Zelten verbringen. Die Zahl der Toten steigt auf 207.

Nach dem schwersten Erdbeben in Mittelitalien seit 1980 suchen die Rettungskräfte verzweifelt nach weiteren Überlebenden. Regen und eisige Temperaturen erschwerten ihnen jedoch den Einsatz. Insbesondere in der am schwersten getroffenen mittelalterlichen Stadt L'Aquila und in den umliegenden Dörfern kamen die Arbeiten teilweise zum Erliegen. Trümmer auf den Straßen behinderten das Vorankommen der Rettungsmannschaften. Dazu kamen Nachbeben. Wie die Nachrichtenagentur ANSA berichtete, hatte eines die Stärke 4,8. Nach Angaben des Zivilschutzes war es nach dem Hauptbeben in den Abruzzen am Montagmorgen mit einer Stärke zwischen 5,8 und 6,2 eine der heftigsten Erschütterungen. Ein anderes Nachbeben hatte die Stärke 3,6. Über neue Schäden war zunächst nichts bekannt.

Diese widrigen Umstände erschwerten das Leben der Menschen in der Katatsrophenregion zusätzlich. Aus Angst vor weiteren Nachbeben verbrachten Tausende die Nacht in ihren Autos oder in Zeltlagern. Einige von ihnen kehrten auch zu ihren kaputten Häusern zurück, viele Zeltstädte und Feldlazarette waren wegen des Wetters durchnässt und verschlammt. Tausende Obdachlose würden zudem in Hotels an der adriatischen Küste untergebracht.

Zuvor spielten sich erschütternde Szenen im Erdbebengebiet ab. Bewohner gruben mit bloßen Händen in den Trümmern und unterstützen die erschöpften Feuerwehrleute und andere Helfer. Vor den Eingängen zu den Notaufnahmen der Krankenhäuser stauten sich Rettungsfahrzeuge. Die Krankenhäuser appellierten an Ärzte und Pflegepersonal im ganzen Land, ihnen zu Hilfe zu kommen. Die Zahl der Toten ist auf 207 gestiegen. Etwa 40 der Opfer müssten noch identifiziert werden, rund 1.500 Menschen wurden verletzt.

Augenzeugen berichteten von Überlebenden, die in Decken gehüllt wie in Trance durch die Straßen liefen oder auf den Plätzen und vor Supermärkten campierten. "Als die Erde bebte, rannte ich zum Haus meines Vaters, wo alles eingestürzt war. Mein Vater ist bestimmt tot. Ich rief nach Hilfe, aber niemand war da", berichtete ein Mann aus L'Aquila. "Ich wachte von etwas auf, das sich wie eine Bombe anhörte", sagte eine Frau, die durch die Straßen der 68.000 Einwohner zählenden Stadt irrte. Ihr sei inmitten umstürzender Möbel die Flucht geglückt. "So etwas habe ich mein Lebtag noch nicht durchgemacht", sagte die 87-Jährige.

Inzwischen diskutieren die Menschen im Ladn auch über die Frage nach der möglichen Verantwortung für das Unglück. Italiens Zivilschutz-Chef Guido Bertolaso wehrte sich gegen den Vorwurf, Warnungen von Experten in den Wind geschlagen zu haben. Trotz der häufiger auftretenden Erdstöße in den vergangenen Tagen sei nicht absehbar gewesen, wann es zu einem starken Beben kommen konnte, sagte er. Zu dem Schluss seien Fachleute gekommen. Der Chef des Nationalen Instituts für Geophysik und Vulkanologie (Ingv), Enzo Boschi, kritisierte die hiesige Bau- und Wohnkultur: "Es ist nicht Teil unserer Kultur, in seismischen Zonen der Gefahr angemessen zu bauen". So seien Häuser eingestürzt, "die nicht dafür konstruiert worden sind, einen solchen - nicht besonders heftigen - Erdstoß zu ertragen." Dabei habe sein Institut doch eine detaillierte Karte zu der Bebengefahr erarbeitet.

Zahlreiche Bewohner werden noch vermisst, 70.000 sind obdachlos, schätzte der Zivilschutz. Tausende Häuser, Kirchen und andere Gebäude stürzten unter der Wucht des Bebens ein. Besonders betroffen ist die Region um die Kleinstadt L'Aquila aus dem 13. Jahrhundert.

Das Beben mit der Stärke 6,3 auf der Richter-Skala hatte die Menschen in der Nacht zum Montag kurz nach 3.30 Uhr im Schlaf überrascht. Dass etwas Furchtbares geschehen war, spürten die Menschen auch in anderen Teilen Italiens. Bis nach Rom, Neapel und Salerno war das Beben zu spüren. "Ich bin aufgewacht, weil mein Bett gegen die Wand donnerte", berichtete eine Römerin der Zeitung Repubblica. "Mir kam es vor wie der Ausbruch des Vesuvs." (kg/dpa/rtr)

Wenn Sie spenden möchten, können Sie das unter anderem hier:

http://www.drk.de/tops_2009/0406_italien_beben/bericht.html

http://www.caritas-international.de/hilfsprojekte/europa/italien_erdbeben/58602.html

https://www.humedica.org/spende_Nothilfe_Italien_Erdbeben

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