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Panorama: Achtung, Hochwasser

Der Frühling lässt den Schnee schmelzen

Von Oliver Bilger

Endlich ist er da, der Frühling. Temperaturen um die 20 Grad haben weite Teile Deutschlands in den vergangenen Tagen verwöhnt. Klettern die Temperaturen, schmilzt der Schnee in den Alpen und Mittelgebirgen. Kombiniert mit Niederschlägen, können Flüsse gefährlich über die Ufer treten. Im Norden der Slowakei haben die ersten Überschwemmungen eingesetzt, im tschechischen und polnischen Odereinzugsgebiet steigen die Wasserpegel. Das lässt für Deutschland nichts Gutes erwarten.

Besonders in Sachsen haben die starken Schneefälle der vergangenen Wochen Angst vor einer erneuten, schweren Überschwemmung geschürt. Zu frisch ist die Erinnerung an die Jahrhundertflut im Jahr 2002. Mit Sorge blicken die Menschen auf Pegelstände und Wettervorhersagen. In einigen Gemeinden wurden schon vor Tagen Sandsäcke gefüllt. In Dresden hat das Umwelt- und Landwirtschaftsministerium geplante Schutzmaßnahmen an Deichanlagen von Elbe und Mulde vorgezogen. Vorsorglich wurden außerdem die Pegel bei Stauseen abgesenkt, um zusätzliche Wassermengen aufnehmen zu können. In Dresden wurden in dieser Woche alle möglichen Szenarien durchgesprochen, erklärt Jens Seifert, stellvertretender Leiter des Umweltamtes der Stadt.

In den Einzugsgebieten der Elbe, dem Erz- und Riesengebirge, lägen die höchsten Schneemengen der vergangenen zehn Jahre. Das meiste Wasser fließe allerdings aus dem Einzugsgebiet der Moldau in die Elbe. Daher wurde in der Stadtverwaltung auch der äußerste Fall nicht ausgeschlossen: Bei plötzlicher Schneeschmelze und heftigen Niederschlägen, könne das Wasser sogar auf 8,20 Meter steigen. Bei der Jahrhundertflut lag der Pegel bei 9,40 Metern. Die bestehenden Hochwasserschutzanlagen seien dafür aber grundsätzlich ausgelegt, sagt Seifert. „Wir sind auf den kritischen Fall vorbereitet.“ Bislang gibt es einen starken Wasseranstieg an Mulde, Neiße, Elster und Spree, jedoch noch nicht an der Elbe. Dort lag der Pegel gestern bei 3,79 Metern und überschritt erst die erste Hochwasserwarnstufe. Doch sei die „Steigerung noch im Rahmen des Normalen“, sagt Seifert, für das Wochenende sei nur leichter Regen angesagt. Die Landeshochwasserzentrale Sachsen warnt jedoch vor einem Anstieg bis auf 5,60 Meter, die am heutigen Abend erwartet werden. Ab sechs Metern sind in Dresden erste Häuser betroffen. Seifert weiter: „Die Tendenz ist steigend – wir müssen sehr aufmerksam sein.“

Gelassenheit herrscht derweil in den regelmäßig betroffenen Städten am Rhein, weiter im Süden Deutschlands: In Köln lag der Wasserstand bei 3,48 Metern, dem statistischen Mittelwert. „Im Moment haben wir kein Hochwasser“, erklärte Yvonne Wieczorrek, stellvertretende Leiterin der Hochwasserschutzzentrale. Am Samstagmorgen wird ein Anstieg auf vier Meter erwartet. Danach soll der Pegel nur noch sehr langsam ansteigen. Kritisch wird es erst ab 4,50 Metern. Dann werden die ersten von insgesamt 3000 Schutzmaßnahmen ergriffen: Barrieren werden für die Kanalisation errichtet. Die Bevölkerung ist erst später vom Hochwasser betroffen: Ab sechs Metern wird ein am Rhein gelegener Pfad überflutet, Park- und Campingplätze müssen geräumt werden.

Ab zehn Metern schwappt der Strom in die Kölner Altstadt. „Es besteht keine akute Gefahr am Mittelrhein“, erklärt Thomas Knaak, Pressesprecher der Stadt Koblenz. Dem stimmt Olav Kullak, Hochwasserexperte der Koblenzer Berufsfeuerwehr, zu: Der Rhein sei an der Moselmündung bei 2,62 Metern und nur knapp über dem Normalstand, der bei 2,50 Metern liegt. Die erste Hochwassermarke liegt bei 4,50 Metern, dann wird der Schiffverkehr eingeschränkt, die ersten Häuser sind ab sechs Metern betroffen.

Der Feuerwehrmann hofft, dass das Tauwasser weiter langsam abläuft, denn wenn es doch zu Hochwasser kommt, ist am Deutschen Eck „die Katastrophe perfekt“. „Wir sind an einem Punkt des Rheins, an dem sich bereits alle Nebenflüsse in den Fluss ergossen haben.“ Noch weiter südlich, in Mainz, wo Main und Rhein zusammenfließen, ist der Rhein gute drei Meter von einer kritischen Marke entfernt. Die Experten hoffen, dass viel Wasser verdunstet und das Tauwasser durch Deutschland „entspannt abfließt“.

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