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Adelshochzeit in Potsdam: Wenn das der Kaiser wüsste

Die Potsdamer Hochzeit des Ururenkels von Wilhelm II. wird von Streit in der Familie begleitet. Die Medien begleiten das Ereignis dagegen mit huldigenden Berichten.

Von Andreas Oswald

Wenn Georg Friedrich Prinz von Preußen seine Jugendliebe Prinzessin Sophie von Isenburg in Potsdam heiratet, ist das eigentlich eine ganz private Angelegenheit. Die Tatsache, dass es sich hier um den Ururenkel des letzten deutschen Kaisers handelt, sollte daran eigentlich nichts ändern. Aber so ist es nicht.

Während die standesamtliche Hochzeit am Donnerstag in aller Stille stattfand, wird die kirchliche Hochzeit am Sonnabend öffentlich zelebriert werden, einschließlich einer Kutschfahrt vor jubelnder Kulisse. Der RBB und andere ARD-Anstalten übertragen das Ereignis drei Stunden lang, ganz so, als hätten wir es mit der Hochzeit in einem Herrscherhaus zu tun. Zwar wäre Georg Friedrich Prinz von Preußen als Ururenkel Wilhelm II. heute deutscher Kaiser, wenn Deutschland einen Kaiser hätte, aber diese Zeiten sind aus guten Gründen vorbei. Dennoch erschienen in den letzten Tagen in einigen Medien Berichte, in denen eine gewisse Sehnsucht zu spüren war. Was hatten die Engländer für ein schönes Hochzeitspaar – und was haben wir? Nun werden wir auch eine Hochzeit haben, selbst wenn sie sich nicht im mindesten vergleichen lässt. Die Engländer haben eine königliche Familie, ein Herrscherhaus, auch wenn die Königin nicht mehr viel zu entscheiden hat. Da kann Preußen nicht mithalten, mag Potsdam die Hochzeit noch so groß zelebrieren.

Auch die Nachrichtenagenturen dpa und AFP überschlagen sich in huldigenden Berichten und wollen so den Ton für die Berichterstattung vorgeben. Wie von unsichtbarer Hand gesteuert zieht sich eigenartiger Jubel durch die Berichterstattung. Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“) sprach sogar von einem der „gesellschaftlichen Ereignisse des Jahres in Deutschland“.

Diese Formulierung könnte dem Bräutigam gefallen. Auf seiner Webseite wird stolz vermerkt, dass schon die Hochzeit seiner Eltern, Louis Ferdinand Prinz von Preußen und Donata Gräfin zu Castell-Rüdenhausen, „das Medienereignis des Jahres 1975“ waren.

Das soll wohl auch diesmal so sein, die dreistündige Übertragung und hofberichtsartige Artikel werden wohl dazu beitragen. „Höflich, zurückhaltend, manchmal ein bisschen scheu, so wird er beschrieben“, heißt es in der „FAS“ schmeichelnd über den Bräutigam. Es gibt allerdings Leute, die ihn kennen und anders beschreiben. Und es gibt Medien, die versucht haben, Kritisches zu berichten. Sie sahen sich schnell mit juristischen Maßnahmen konfrontiert. Eine schriftliche Anfrage des Tagesspiegels, ob bei der jetzigen Hochzeit ein Orden übergeben wird, wurde zum Beispiel dementiert und im Fall einer Berichterstattung unter Berufung auf ein anderes Medium mit juristischen Mitteln gedroht. Es ist in Fürstenhäusern durchaus üblich, dass anlässlich einer Hochzeit Orden überreicht werden, die Frage war ganz harmlos. Auch Interviewanfragen werden abgelehnt. Zu groß wäre wohl die Gefahr, dass bestimmte kritische Fragen gestellt würden.

Kenner berichten von jahrelangem Streit und Kämpfen in der Familie. Da soll es nicht zimperlich zugegangen sein. Bis heute ist am Landgericht Bremen ein Verfahren anhängig. Und wo gestritten wird, will man sich wahrscheinlich auch nicht bei einem freudigen Ereignis wie einer Hochzeit begegnen. Die drei Brüder des Vaters, die bei der Erbfolge übergangen wurden, sind, so heißt es, nicht zur Hochzeit eingeladen worden.

Wer alles zur Hochzeit eingeladen ist, ist noch streng geheim. Regierende Häuser werden wohl allenfalls die zweite Garnitur schicken, aber das ist ja auch ganz schön.

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