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Wer falsch behandelt wird, kann schwere gesundheitliche Schäden erleiden.

© dpa

Ärzte: Deutsche Medizin: Mehr Tote durch Behandlungsfehler

Die Todesfälle in der Medizin durch Fehler ist stark gestiegen. Experten warnen aber vor voreiligen Schlüssen.

Die Zahl der offiziell bekannt gewordenen Todesfälle durch Behandlungsfehler, Hygienemängel und fehlerhafte Medizinprodukte in Deutschland ist in einem Jahr um mehr als 25 Prozent gestiegen. Dies teilte die Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen mit. Der Statistik zufolge wurden im Jahr 2010 insgesamt 1712 solcher Todesfälle registriert – das sind 440 mehr als 2009.

Experten sind sich jedoch einig, dass diese Zahlen wie auch der aktuelle Anstieg mit Vorsicht zu betrachten sind. Zum einen ist die Dunkelziffer der tödlich verlaufenden Behandlungen nach wie vor gewaltig – nach Angaben des Aktionsbündnisses Patientensicherheit muss man die Angaben mindestens mit zehn multiplizieren, um der Realität nahezukommen. Andererseits werden mehr Fehler gemeldet und erfasst als früher. Ärzte und Krankenhäuser beteiligten sich zunehmend am Fehlermeldesystem, berichtet der Patientenbeauftragte der Regierung, Wolfgang Zöller (CSU). Und die Zahl komplizierter Behandlungen nimmt zu. Bei schweren Herzoperationen oder Transplantationen besteht aber per se ein hohes Sterberisiko.

Die Schlussfolgerung, dass Ärzte mehr Fehler machten als früher, sei voreilig und falsch, betonte Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery. Für unzureichende Desinfektion etwa, eine der häufigsten Todesursachen, seien oft nicht Mediziner, sondern die Strukturen vor Ort verantwortlich – wie etwa beim Tod von Neugeborenen im Mainzer Klinikum 2010 oder in Bremen 2011. Man müsse die Zahl tödlicher Fehler auch im Verhältnis sehen zu den 17,8 Millionen Behandlungen in den Krankenhäusern im Jahr.

Der Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, sagte hingegen: „Montgomery sollte sich vor Relativierungen hüten, denn im Straßenverkehr gibt es die 17,8 Millionen Kontakte in der Minute. Niemand käme auf die Idee, die 3800 Verkehrstoten im Jahr damit ins Verhältnis zu setzen.“

Die Grünen-Abgeordnete Maria Klein- Schmeink nahm die Statistik denn auch zum Anlass, ein „verbindliches Meldesystem“ für Behandlungsfehler zu fordern. Allerdings gehe es dabei um eine „Kultur der Fehlervermeidung“, betonte sie – und nicht darum, Mediziner und Kliniken „an den Pranger zu stellen“.

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