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Afrika: Hilflos im Dauerregen

Die afrikanischen Staaten sind nicht auf den Klimawandel vorbereitet. Überall fehlen Katastrophenpläne, obwohl sich die Zahl der Katastrophen in 30 Jahren verdreifacht hat.

Ob es schon die Folgen des Klimawandels sind, die derzeit in 18 Staaten Afrikas zu besichtigen sind, ist umstritten. Sicher ist nur, dass das Klimaphänomen El Nina eine Rolle spielt, das immer im Jahr nach einem El Nino auftritt. El Nino wärmt das Wasser des Pazifiks auf, El Nina kühlt es wieder ab. Die Folgen sind meistens dramatische Regenfälle in Asien und Dürren im Süden Afrikas. In diesem Jahr hat der große Regen zusätzlich nahezu die gesamte Sahel-Zone getroffen, die zuvor jahrelang überhaupt keinen Regen hatte. Doch ob Klimawandel oder nicht. Die Flutkatastrophe in Afrika zeigt wie wenig die Staaten des Kontinents auf den Klimawandel vorbereitet sind.

Nach Angaben der UN-Strategie zur Verminderung von Katastrophen (ISDR) hat sich die Zahl der Stürme, Dürren, Überschwemmungen in den vergangenen 30 Jahren verdreifacht. ISDR-Chef Salvano Briceno sagte dem Tagesspiegel, dass den Entwicklungsländern dringend dabei geholfen werden muss, einen funktionierenden Katastrophenschutz aufzubauen. Die aktuelle Flut traf vor allem die Wüstenstaaten Mauretanien, Marokko, Mali und Niger unvorbereitet. Aber auch die meisten anderen westafrikanischen Staaten, verfügen über keine Katastrophenschutzpläne.

„So schlimm war es noch nie“, sagte Hasifa Kabeija, Sprecherin des Roten Kreuzes in Uganda der Nachrichtenagentur dpa. Die Menschen in Uganda seien zwar daran gewöhnt, dass es zum Ende der Regenzeit jedes Jahr Überschwemmungen geben kann. Doch ein solches Ausmaß habe das Hochwasser noch nie gehabt. Das sagen auch die Betroffenen, berichtet Bettina Baesch, die seit drei Jahren für die christliche Hilfsorganisation World Vision in Uganda arbeitet. Dem Tagesspiegel sagte sie: „Die Betroffenen sind sehr verzweifelt.“

Im Norden Ugandas trifft das Hochwasser vor allem Flüchtlinge. Rund 20 Jahre lang waren die Menschen von der „Lord Resistance Army“ (LRA) einer Rebellengruppe unter der Führung von Joseph Kony, die seit 1986 ohne klare Ziele die Regierung bekämpft hat, tyrannisiert worden. Die LRA-Kämpfer vertrieben einen Großteil der Bevölkerung in Flüchtlingslager. Nachdem die LRA und die ugandische Regierung vor einem Jahr Friedensverhandlungen begonnen haben, sind die Menschen langsam in ihre Dörfer zurück gekehrt. Manche verbringen nur noch die Nächte in den Flüchtlingslagern und bestellen tagsüber ihr Land. Gerade erst sind die ersten Lager aufgelöst worden. Doch nun schwemmt das Wasser die Früchte dieser Arbeit weg – beziehungsweise lässt die Ernten verfaulen. Bettina Baesch und ihre Kollegen werden nun erst einmal die Nothilfe-Lebensmittelrationen des Welt-Ernähungsprogramms verteilen müssen.

Wie viele Häuser tatsächlich zerstört worden sind, ist völlig unklar. Der ugandische Minister für Katastrophenschutz sagte: „Unzählige Dörfer sind von den Fluten komplett eingeschlossen.“ In der vergangenen Woche rief die Regierung den Notstand aus. Doch weil unzählige Brücken weggeschwemmt worden sind und die Straßen, so weit noch vorhanden, völlig durchweicht sind, ist es schwierig, die Flutopfer mit der Hilfe zu erreichen. Bettina Baesch berichtet von Menschen, die sagen: „Wir können nie mehr ein Haus aufbauen.“ Der Grund für den Pessimismus liegt zum einen in der entmutigenden Wettervorhersage. Der Regen könnte noch bis Ende Dezember so weitergehen. Dass das Wasser vor Ende des Jahres vollständig abfließt, ist kaum zu erwarten. Außerdem sind die Häuser aus Lehm, Gras und Ästen gebaut. Sie sind starken Regenfällen einfach nicht gewachsen. Tatsächlich leidet der Norden Ugandas meistens eher unter Dürre. Die Wälder im Norden Ugandas haben schwer unter dem Bürgerkrieg gelitten. Die LRA hat oft Fruchtbäume angezündet, um die Dorfbewohner zu vertreiben. Und auch die ugandische Armee hat Wälder abgeholzt, um „freie Sicht auf die Rebellen zu haben“. Zudem ist Holzkohle für die meisten Menschen in Norduganda nach wie vor die einzige Energiequelle, berichtet Bettina Baesch.

Die Abholzung der Wälder macht die Flutkatastrophe nicht nur im Norden Ugandas zu einer so großen Katastrophe sondern auch in den meisten anderen betroffenen Ländern. Ohne Bäume kann das Wasser vom Boden nicht gehalten werden. Vielerorts werden nicht einmal die Grundwasserspeicher gefüllt sein, weil das Wasser abfließt statt einzusickern. Für die Landwirtschaft ist das eine Katastrophe. Zwar beten die meisten Bauern in der Sahelzone jedes Jahr den Regen herbei und leiden meistens eher unter seinem Ausbleiben. Doch fließt das Wasser ab, werden sie keine fruchtbaren Felder vorfinden. Stattdessen wird fruchtbare Erde wird vom Wasser weggeschwemmt. Die Ernten sind vernichtet. Und solange das Wasser steht, kann auch nicht gepflanzt werden. Die Krise wird voraussichtlich noch lange dauern.

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