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Airbus-Absturz: Ermittler dämpfen Hoffnung auf schnelle Aufklärung

Die Suchtrupps kämpfen mit schlechtem Wetter, ungenauen Koordinaten und den Untiefen des Meeres. Ihre schwierigste Aufgabe ist die Bergung des Flugschreibers.

Die Bergungsarbeiten und die Suche nach weiteren Wrackteilen der verunglückten Air-France-Maschine laufen auf Hochtouren. Inzwischen haben insgesamt vier Ermittlungsteams die Arbeit aufgenommen. Eine Gruppe sucht im Meer nach Trümmern. Die zweite analysiert die Wartung und Geschichte des Flugzeugs. Ein drittes Team überprüft Einsatz und Nutzung des Flugzeugs und das vierte die Systeme und die Ausrüstung der Maschine.

Im Einsatz sind 20 Mitarbeiter des französischen Amts für Unfallanalysen (BEA) sowie 30 Experten der Air France und des Herstellers Airbus. Letztere würden mehrere Tage lang in Brasilien die Funkgespräche und Radarbilder auswerten. "Die Arbeit ist intensiv. Wir sammeln alle Informationen, die uns helfen können", sagte BEA-Ermittler Alain Bouillard.

Allerdings dämpfen die Unfallermittler die Hoffnung auf eine schnelle Aufklärung des mysteriösen Absturzes. "Diese Luftfahrt-Katastrophe ist die schlimmste, die dieses Land je erlitten hat", sagte der Direktor des BEA, Paul-Louis Arslanian. "Wir können uns nicht erlauben zu spekulieren. Wir müssen die Flugschreiber finden und alles verifizieren." Er fügte hinzu: "Ich weiß nicht, was wir finden werden. Doch wir werden alles, was wir erfahren, unverzüglich mitteilen, wenn es klar ist." Leichen seien bislang nicht gesichtet worden.

Vier Schiffe erreichen am Mittwoch das Unglücksgebiet

Die Bergungsmannschaften nahmen inzwischen Kurs auf die Unglücksstelle im Südatlantik, etwa 650 Kilometer nordöstlich der brasilianischen Insel Fernando de Noronha. Vier Schiffe mit Tauchern an Bord sowie ein Tanker sollen am Mittwochnachmittag das mit Flugzeugsitzen, Metallteilen, Öl- und Kerosinspuren übersäte Seegebiet erreichen. Darunter ist auch ein Spezialschiff aus Frankreich. An Bord befinden sich High-Tech-Tauchgeräte, die bis zu einer Tiefe von 6000 Metern arbeiten können. Nach der Bergung der Trümmer sollen Hubschrauber die Einzelteile zu einem brasilianischen Militärstützpunkt bringen.

Mitten im Atlantik kämpfen die Rettungskräfte dabei mit widrigen Umständen. Sie sind konfrontiert mit einer enormen Meerestiefe von bis zu 4000 Metern, unterirdischen Gebirgen, Regen, starkem Wind und haben deshalb Schwierigkeiten, das Wrack auf 100 Meter genau zu orten. Angesichts dessen rechnen die Experten mit einer schwierigen und langwierigen Rettungsmission.

Als schwerste Aufgabe gilt die Suche nach dem Flugdatenschreiber und dem Stimmenrekorder. Diese Geräte könnten Aufschluss darüber geben, warum der Airbus in den Ozean stürzte. Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva äußerte jedoch Zuversicht: "Ein Land, dass in 6000 Metern Tiefe Erdöl finden kann, ist auch in der Lage ein Flugzeug in 2000 Meter Tiefe zu orten."

Spekulationen über Unglücksursache gehen weiter

Bis die Black Box gefunden und ausgewertet ist, werden die Spekulationen über die Ursache der Katastrophe wohl nicht abreißen. So veröffentlichte die Zeitung Le Parisien neue Details. Demnach lautete die letzte automatische Nachricht aus dem Cockpit der Unglücksmaschine, dass Messinstrumente vereist seien. Das könne dazu geführt haben, dass der Pilot falsche Informationen am Bordcomputer erhalten habe. Es werde auch nicht ausgeschlossen, dass die Maschine in der Luft explodiert sei. Dafür spreche die Tatsache, dass das Notfallsignal nicht funktioniert habe und die Trümmerteile weit verteilt seien.

Sicher ist, dass die Maschine durch eine Zone flog, die für schwere Unwetter bekannt ist, und ein automatisches Signal ausgesendet hatte, dass es ein Problem mit der Stromversorgung gebe. Aus diesem Grund hatte sich Air France schon früh auf einen Blitzeinschlag als Unglücksursache festgelegt. Offen ist aber noch, ob dies ein Auslöser oder die Folge eines anderen Problems war. Möglicherweise waren im Gewitter die Antennen und das Radar der Maschine zerstört worden.

An Bord des Airbus waren Passagiere und Besatzungsmitglieder aus mehr als 30 unterschiedlichen Ländern. 26 von ihnen waren Deutsche, darunter auch eine fünfköpfige Familie aus Baden-Württemberg. Derzeit würden mit den Behörden verschiedener Bundesländer alle Informationen geprüft, hieß es aus dem Auswärtigen Amt in Berlin. Neun Passagiere, sechs Männer und drei Frauen, sollen einen Weiterflug nach München gebucht haben. Elf Reisende wollten nach Stuttgart reisen, sechs hatten einen Abschlussflug nach Berlin gebucht.

Am Mittwochnachmittag werden Familien, Verwandte und Freunde von Opfern zu einer ökumenischen Trauerfeier in Paris erwartet. An der Zeremonie in der Kathedrale Notre-Dame wollen auch Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und der deutsche Botschafter in Paris, Reinhard Schäfers, teilnehmen.

ZEIT ONLINE, kg, dpa, Reuters

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