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Zwei Frauen mit T-Shirt mit einem Porträt von Russlands Präsident Wladimir Putin warten im Andrang vor der Sicherheitskontrolle am Freitag am Flughafen von Scharm el Scheich, Ägypten. Am 04.11. hatte die britische Regierung aus Angst vor Terroranschlägen alle Flüge zwischen dem Urlaubsort am Roten Meer und Großbritannien gestoppt.

© dpa

Update

Airbus-Absturz über Ägypten: Auswertung der Black Box deuten auf plötzlichen Absturz hin

Jetzt hat auch Wladimir Putin den russischen Flugverkehr nach Ägypten gestoppt. Dort sitzen tausende Touristen in Scharm el Scheich fest. Ersten Ermittlungserkenntnissen zufolge kam es zu einer Explosion an Bord der Maschine.

Die Auswertung der Black Box des in Ägypten abgestürzten russischen Airbus stützt nach Angaben aus Ermittlerkreisen den Anschlagsverdacht.

Die Daten des Flugdatenschreibers deuteten auf einen "brutalen, plötzlichen" Absturz des Airbus am vergangenen Samstag hin, sagte eine Quelle aus dem Umfeld der Ermittler am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. "Alles ist normal, völlig normal, und plötzlich nichts mehr", berichtete die Quelle. Der Fernsehsender France 2 berichtete am Freitag online unter Verweis auf einen Ermittler, dass während des Flugs klar ein Explosionsgeräusch zu hören sei. Der Ermittler habe erklärt, die Explosion sei nicht die Folge einer Triebwerkspanne.

Kremlchef Wladimir Putin hat wegen der Flugzeugkatastrophe mit 224 Toten in Ägypten eine Einstellung russischer Flüge in das Land angeordnet. Das sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag in Moskau. Der Präsident habe die Regierung angewiesen, einen entsprechenden Vorschlag des Inlandsgeheimdienstes FSB umzusetzen. Sie solle den Rücktransport russischer Reisender aus Ägypten organisieren, sagte Peskow der Agentur Interfax zufolge. Behördenangaben zufolge befinden sich derzeit 45.000 Russen in Ägypten.

Zuvor hatte der russische Inlandsgeheimdienst FSB einen Stopp der russischen Flüge in das Urlaubsland gefordert. „Bis die wirklichen Gründe für die Vorgänge geklärt sind, halte ich es für nützlich, die russischen Flüge nach Ägypten einzustellen“, sagte FSB-Chef Alexander Bortnikow am Freitag in Moskau. „Wir brauchen absolut objektive und bestätigte Daten über die Ursache der Katastrophe“, betonte er der Agentur Interfax zufolge. Großbritannien hält einen Terroranschlag auf den russischen Ferienflieger für wahrscheinlich. Die Behörden in Moskau und Kairo legen sich bislang nicht fest.

Viele Briten sitzen in Ägypten fest

Für viele Briten endete die geplante Rückreise am Freitag zunächst auf dem Flughafen des ägyptischen Badeorts Scharm el Scheich. Hunderte Touristen sollten nach dem Absturz des russischen Passagierjets, bei dem die britische Regierung eine Bombe der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) als Ursache vermutet, in Sonderflügen zurück auf die Insel gebracht werden. Doch ein Streit zwischen der britischen Airline Easyjet und den ägyptischen Behörden löste dabei am Flughafen Chaos aus.
Geplant waren ursprünglich 29 Verbindungen, wie der ägyptische Minister für zivile Luftfahrt, Hussam Kamal, erklärte. Doch bis Freitagnachmittag konnten zunächst nur acht Maschinen starten. Kamal zufolge verweigerte Ägypten zusätzliche Flüge, weil die Kapazität des Flughafens nicht ausreichte. Easyjet habe 18 Reisen zur selben Zeit geplant, das Gepäck aber vor Ort lassen wollen, sagte Kamal. Die große Menge an Gepäck behindere jedoch den Betrieb am Flughafen. Großbritanniens Botschafter in Ägypten, John Casson, der in dem überfüllten Flughafen erregte Urlauber beruhigen musste, sprach von einer „herausfordernden logistischen Aufgabe“.

Großbritannien hatte den Flugverkehr von und nach Ägypten gestoppt

Großbritannien hatte am Mittwochabend alle Flüge von und nach Scharm el Scheich verboten, nachdem es Hinweise gegeben hatte, dass der russische Flieger, der vor einer Woche 27 Minuten nach dem Start in Scharm el Scheich mit mehr als 200 russischen Urlaubern an Bord über dem Sinai abgestürzt war, mit großer Wahrscheinlichkeit Ziel eines Anschlags war. Das Verbot wurde ausgesprochen, während der ägyptische Präsident Abdel Fattah al Sisi zu einem Regierungsbesuch nach London unterwegs war. Erst bei der Ankunft wurde Sisi informiert. In London wollten Regierungssprecher am Freitagnachmittag nicht ausschließen, dass diplomatische Verstimmung der Grund sein könnte, warum Maschinen von Easyjet „blockiert“ wurden. In einer Erklärung auf ihrer Homepage erklärte die Fluglinie, man versuche mit Gesprächen „auf der höchsten politischen Ebene“ das Landeverbot aufzuheben. Botschafter Casson sprach dagegen von „Zeitverschiebungen“ und bestätigte damit indirekt die ägyptische Version. Zu viele britische Flugzeuge hätten den Flughafen gleichzeitig anfliegen wollen, sagte Casson. Auch die Londoner Regierung rügte Easyjet für die Verbreitung von „missverständlichen“ Informationen.

Urlauber reagieren verärgert

Viele britische Urlauber reagierten verärgert. „Ich erfahre mehr von eurem Nachrichtenprogramm als von den Behörden hier vor Ort“, schimpfte zum Beispiel Paul Milton im Sender BBC. „Die Stimmung ist gereizt. Wir wollen nach Hause.“ Easyjet forderte am Nachmittag alle Touristen auf, in ihren Hotels zu bleiben. In der Region sollen sich bis zu 20.000 Briten aufhalten. Die britische Regierung hielt am Freitag an ihrer Version von einem mutmaßlichen Terroranschlag fest. Offenbar haben britische Nachrichtendienste Gespräche im Internet von IS-nahen Gruppen abgehört und folgerten daraus, dass Flughafenpersonal in Scharm el Scheich einen Sprengsatz in den Stauraum der russischen Maschine geschmuggelt hatte. Diese Analyse war der Grund, warum die am Freitag nach Großbritannien ausgeflogenen Urlauber ihre Koffer und andere persönliche Gepäckstücke zurücklassen mussten. „Diese Flüge werden mit besonderen, von der britischen Regierung angeordneten Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt. Kunden dürfen kein Gepäck für den Laderaum bringen“, hieß es in einer Erklärung der Charter-Gesellschaft Thomson. Gepäck werde in gesonderten „Sicherheitsflügen“ nach Großbritannien zurückgeflogen, die von der britischen Regierung organisiert würden. Auch andere Länder und Fluglinien verschärften am Freitag die Sicherheitsvorkehrungen bei Flügen aus Ägypten verschärft und stornierten Flüge. Auch Maschinen der niederländischen Fluggesellschaft KLM beispielsweise durften nur mit Handgepäck aus Kairo abfliegen.

London forderte schon Anfang des Jahres schärfere Sicherheitsvorkehrungen

Bei einer Pressekonferenz mit Sisi in der Downing Street war am Donnerstag bekannt geworden, dass Großbritannien bereits Anfang des Jahres schärfere Sicherheitsvorkehrungen in Scharm el Scheich gefordert hatte. Sisi versicherte, die Zusammenarbeit sei gut. Ägypten werde weiterhin mit „allen Sicherheitsteams“ zur Verbesserung der Lage eng zusammenarbeiten.
In britischen Medien häufen sich inzwischen Berichte von Urlaubern über die laxen Sicherheitsmaßnahmen in dem Badeort. Urlauber Dale Parkyn berichtete im Sender Sky News, ein Mann in Uniform habe ihm und seiner Frau beim Abflug beim Abflug von Scharm el Scheich erlaubt, für 20 Pfund (28 Euro) alle Sicherheitsmaßnahmen und Warteschlangen zu umgehen. Ihre Koffer seien unkontrolliert befördert worden. ( mit dpa)

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