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Robbenjagd

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Tierschutz: Alle Parteien für Verbot von Robbenprodukten

Deutschland plant ein Gesetz, das den Import von Robbenprodukten verbietet. Alle im Bundestag vertretenen Parteien unterstützen diesen interfraktionellen Antrag. Kanada will das Gesetz in letzter Minute abwenden.

Paul Okalik, der Premierminister der kanadischen Arktisregion Nunavut, ist eisige Kälte gewohnt. Der frostige Empfang, der ihm jetzt in Deutschland bereitet wurde, macht ihm dennoch zu schaffen. „Es ist frustrierend, wie sehr die öffentliche Meinung in Deutschland von Fehlinformationen gegen die Jagd dominiert wird“, sagte Okalik dem Tagesspiegel nach Gesprächen mit Bundestagsabgeordneten und Regierungsvertretern in Berlin. Okalik ist ein Inuit, ein Angehöriger der oft auch als Eskimos bezeichneten Ureinwohner Nordkanadas. Er befürchtet, dass das geplante Handelsverbot für Robbenprodukte dieser kanadischen Tradition schweren Schaden zufügen wird.

Deutschland plant ein Gesetz, das den Import von Robbenprodukten verbietet. Alle im Bundestag vertretenen Parteien unterstützen diesen interfraktionellen Antrag, der noch vor der Sommerpause verabschiedet werden soll. Ende April soll der Entwurf in der ersten Lesung im Bundestag behandelt werden. „Für die nächste Jagdsaison im Frühjahr 2009 wird dieses Gesetz gelten“, kündigt die SPD-Bundestagsabgeordnete Waltraud Wolff gegenüber dem Tagesspiegel an.

„Ein Importstopp würde den Markt für Robbenfelle zerstören – das würde die ohnehin große Not unserer Leute weiter verstärken“, warnt Okalik. Er wirft Tierschützern vor, ein verzerrtes Bild der Robbenjagd zu vermitteln. Mit einem großen Aufgebot versuchte die kanadische Regierung in den vergangenen Tagen, auch andere EU-Staaten, die ein Verbot planen, zu einem Umdenken zu bewegen. Eine zehnköpfige Delegation warb in Paris, Brüssel, London und Berlin um Unterstützung für die kanadische Position, dass die Robbenjagd wirtschaftlich notwendig sei und tiergerecht durchgeführt werde. „Wir hoffen sehr, dass wir den Markt für Robbenprodukte wie Öl und Fell in Deutschland und Europa erhalten können“, sagte Delegationsleiter Loyola Sullivan nach den Gesprächen in Berlin. Ein Drittel der Robbenprodukte werde nach Europa exportiert und hier vor allem in Deutschland weiterverarbeitet, unter anderem bei einem Frankfurter Importeur von Robbenfellen.

Die Chancen, dass die Hilferufe der kanadischen Jagdbefürworter noch gehört werden, sind jedoch gering. Wolff, Sprecherin der SPD-Fraktion für Ernährung und Landwirtschaft, erteilt den kanadischen Hoffnungen ein strikte Absage, dass die deutschen Parlamentarier oder die Bundesregierung ihre Meinung noch einmal ändern könnten: „Da wird es keinen Stimmungswechsel mehr geben.“

Die Bundestagsabgeordneten begründen das Importverbot vor allem damit, dass Hunderttausende junge Robben von Pelzjägern grausam abgeschlachtet würden und zum Teil noch am Leben seien, wenn ihnen das Fell abgezogen wird. „Das sind Falschinformationen“, entgegnen die Jagdunterstützer Loyola Sullivan und Paul Okalik. Sie verweisen auf Studien, die gezeigt hätten, dass die meisten Robben vor der Häutung tot seien. An der kommerziellen Robbenjagd beteiligen sich vor allem kanadische Fischer, die nicht von Ureinwohnern abstammen und die die Tiere in erster Linie wegen ihrer Pelze jagen.

Eine vom Bundestag geplante Ausnahmeregelung für die Ureinwohner hält deren Vertreter Paul Okalik für Augenwischerei. So hätte eine in den 80er Jahren eingeführte Importbeschränkung bereits „verheerende Folgen“ für den gesamten Robbenmarkt gehabt, unter denen die Ureinwohner Kanadas bis heute litten. „Die Robben sind ein grundlegender Teil unseres Speiseplans – aber der Verkauf der Pelze trägt zu unserer wirtschaftlichen Unabhängigkeit bei.“

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