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Panorama: Alles in geordneten Bahnen?

Trotz der stundenlangen Verspätungen an Weihnachten sieht die Deutsche Bahn keinen Grund zur Selbstkritik

Das Eisregenchaos an Weihnachten ist für die Bahn kein Grund zur Selbstkritik. Im Gegenteil. Bahnchef Mehdorn hat für sein Unternehmen nur Lob übrig. Kritik am Krisenmanagement wies er zurück. „Der Bereitschaftsdienst hat funktioniert. Schäden durch umgestürzte Bäume und kaputte Oberleitungen wurden schnell beseitigt, die Servicekräfte haben unermüdlich geholfen. Niemand kann in solchen Ausnahmesituationen sagen, wann es weitergeht, wenn sich die Lage jede Minute verschlimmert“, sagte er „Bild“.

Auch Bahnsprecher Holger Auferkamp antwortet auf die Frage, ob die Bahn das Wetterchaos vorbildlich gemeistert habe, mit Selbstlob: „Die Kollegen sind vier bis fünf Stunden länger bei der Arbeit geblieben, wir haben die Vip-Lounges geöffnet, Snacks und Gutscheine verteilt, was kann man sonst machen?“

Das Gefühl der Ungewissheit

Die Bahn hat in der Tat an Heiligabend und am ersten Feiertag Außergewöhnliches geleistet, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Das räumen auch Sprecher des Fahrgastverbandes Pro Bahn ein. „Wettermäßig hat es die Bahn schlimm getroffen. Das war Pech, da ist ihr kein Vorwurf zu machen“, sagte der Vorsitzende Karl-Peter Naumann.

Aber was hätte die Bahn besser machen können?

Die meisten Fahrgäste, die stundenlang in stehenden Zügen oder auf Bahnhöfen verharrten, ohne zu wissen, wann und wie es weitergeht, haben sich darüber beschwert, dass die Bahn sie nicht informierte. Ratlos saßen sie da, allein auf sich gestellt.

Pro-Bahn-Sprecher Andreas Barth sieht darin das eigentliche Problem. „Die meisten Fahrgäste haben Verständnis dafür, dass sie warten müssen, weil das Wetter den Bahnverkehr unterbricht. Was fehlt, ist Information, Betreuung. Die Menschen wollen wissen, in welcher Situation sie sich befinden. Ihnen ist lieber, sie erhalten eine schlechte Nachricht, mit der sie umgehen können, als keine Nachricht, was sie völlig im Ungewissen lässt.“

Dass die Bahn in dieser Situation, vor allem in der Nacht, nicht genügend Personal zur Verfügung hatte, kann Barth nicht verstehen. „Bereits Tage zuvor war ausdrücklich vor Glätte und Eisregen gewarnt worden.“ Das Wetter dürfte die Bahn also nicht ganz überraschend getroffen haben.

Viele Fahrgäste hatten auch extra die Bahn genommen, weil sie wussten, dass es auf den Autobahnen glatt werden würde. Die Bahn rühmt sich seit Jahrzehnten ihres Wettervorteils.

Auf den wies die Bahn auch gestern wieder hin. Auferkamp: „Wenn ich sehe, was auf den Autobahnen los war und auf den Flughäfen, das kritisiert niemand.“ Mehdorn wurde drastischer: Er habe wenig Verständnis für die permanente Kritik bei Wetterproblemen: „Auf der Autobahn zu stranden, ist immer Schicksal, bei der Bahn wird gleich ‘Sauerei‘ geschimpft.“

Der Fahrgastverband hat vor allem kritisiert, dass die Bahn in der Vergangenheit viele Dieselloks verschrottet hat. Diese hätten an Heiligabend gefehlt, um die Züge abzuholen, die wegen zerstörter Oberleitungen nicht weiterfahren konnten. Dies scheint die einzige Kritik zu sein, die die Bahn intern anerkennt. Ein Bahnsprecher bestätigte, dass die Bahn zu diesem Thema eine Sitzung abgehalten hat. Nach außen hin aber wird auf die mangelnde Wirtschaftlichkeit verwiesen, wenn auf jedem Bahnhof eine Diesellok vorgehalten werde, nur weil sie irgendwann einmal gebraucht werden könnte. Außerdem: „In vielen Fällen waren die Weichen vereist, oder umgefallene Bäume hatten die Oberleitung niedergerissen“, sagte Auferkamp.

Bäume abholzen?

Beim Thema Bäume hat der Fahrgastverband eine Forderung erhoben, die nicht jeder Fahrgast gerne hört: Dort, wo der Abstand zwischen Gleisen und Bäumen zu klein sei, sollten Bäume gefällt werden, damit sie nicht die Oberleitungen beschädigen können.

Die Bahn hat angekündigt, gegenüber den betroffenen Fahrgästen Kulanz zu zeigen. Bahnsprecher Achim Strauß kündigte an: „Kunden, deren Zug wegen der Witterung ausgefallen ist, die deutliche Verspätungen hinnehmen oder Umbuchungen vornehmen mussten, können sich an die Bahn wenden“, sagte er. So könnten nicht eingelöste Fahrscheine gebührenfrei umgetauscht werden. Auch Umbuchungen mit dem neuen Plan&Spar-Ticket würden ohne Gebühren vorgenommen, sagte er.

In Einzelfällen könne die Bahn auch Reisenden, die im Zug oder auf einem Bahnhof festsaßen und ihre Fahrt auf eigene Faust per Taxi fortgesetzt hätten, gegebenenfalls einen Teil der Kosten erstatten. „Dabei müssten aber die Verhältnisse gewahrt bleiben“, schränkte er ein.

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