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Amoklauf: "Er sah sehr entschlossen aus"

Der bislang blutigste Amoklauf an einer US-Universität hat die Vereinigten Staaten tief schockiert. Das Tatmotiv ist noch unklar, möglicherweise war ein Beziehungsstreit der Auslöser. Mindestens 33 Menschen starben.

Washington - Ein jugendlicher Amokläufer hatte am Montag in der Technischen Universität in Blacksburg im Bundesstaat Virginia mindestens 32 Studenten und Lehrkräfte kaltblütig erschossen. Beim Eintreffen der Polizei habe sich der Täter dann selbst das Leben genommen, sagte der Polizeichef der Universität, Wendell Flinchum. Drei von 15 Verletzten rangen noch Stunden nach der Tat mit dem Tod. Die Bundeskriminalpolizei FBI schloss nach ersten Untersuchungen einen terroristischen Hintergrund aus.

Polizei gibt Identität des Täters nicht bekannt

Die Polizei benötigte Stunden, um die Identität des Täters festzustellen. Nach Berichten von Augenzeugen hatte sich der Amokläufer mit einem Kopfschuss schwer entstellt. Seine Identität solle vorerst nicht bekannt gegeben werden. Eine Augenzeugin sagte, es handele sich um einen jungen Mann asiatischer Abstammung. "Er war wie ein Pfadfinder gekleidet", sagte sie dem US-Sender CNN.

Der Amoklauf begann einem Mitstudenten zufolge nach einem Streit des Täters mit seiner Freundin. Der Schütze, nach unbestätigten Berichten ein Student aus China, habe im Studentenwohnheim mit seiner Freundin gestritten und diese plötzlich niedergeschossen, berichtete der taiwanesische Student Chen Chia-hao in einem Telefoninterview des taiwanesischen Kabelfernsehkanals CTI aus den USA. Nach dem Amoklauf habe er sich umgebracht: "Er schoss sich von hinten in den Kopf und sein Gesicht flog weg. Das macht es so schwer, ihn zu identifizieren."

Ein Student machte während der zweiten Schießerei mit seinem Handy Videoaufnahmen: Mehrere Studenten äußerten massive Kritik, weil die Universitätsleitung sie über zwei Stunden lang über die erste Schießerei im Unklaren ließ und den Campus nicht abriegelte. An der Universität haben sich rund 26.000 Studenten eingeschrieben.

Studenten sprangen aus den Fenstern

Augenzeugen berichteten, dass der Todesschütze schweigend von einem Raum zum anderen ging und während der laufenden Vorlesungen wahllos um sich schoss. Eine Studentin, die am Deutschunterricht teilnahm, sagte, dass der Amokläufer erst dem Hochschullehrer in den Kopf geschossen und dann auf die rund 15 Studenten gefeuert habe. Angesichts von Panik und Chaos sprangen Studenten aus Fenstern, um ihr Leben zu retten. Der Amokläufer trug nach Angaben der Polizei zwei Waffen bei sich. Er hatte außerdem zwei Eingangstüren zum Vorlesungsgebäude von innen mit Ketten verriegelt.

Studenten berichteten von dramatischen Szenen. Eine Studentin, Erin Sheehan, sagte dem Fernsehsender CNN, sie sei dem Amokschützen nur entkommen, weil sie sich tot gestellt habe. Der "sonderbar" gekleidete asiatisch aussehende junge Mann habe "zweimal seinen Kopf zur Tür hingesteckt". Dann sei er zurückgekommen und habe geschossen. "Er sah sehr entschlossen aus. Er hat fast alle erwischt. Ich habe mich tot gestellt", sagte Sheehan. Dann sei er für etwa 30 Sekunden vor die Tür gegangen, anschließend habe sich die ganze Szene wiederholt. Als sie die Tür versperrt hätten, habe der Täter versucht, hindurchzufeuern.

Bush hält an Recht auf Waffenbesitz fest

Virginias Gouverneur Tom Kaine verhängte den Notstand, damit alle Behörden im Bundesstaat die notwendige Hilfe leisten können. US-Präsident George W. Bush zeigte sich von dem Amoklauf entsetzt und bekundete sein tiefes Mitleid. "Schulen sollten Orte sein, in denen man sich sicher fühlt und lernen kann", sagte er. Nach den Worten der Sprecherin des Weißen Hauses, Dana Perino, hält Bush aber weiterhin daran fest, dass jeder Bürger der USA das Recht habe, eine Waffe zu tragen. Allerdings müssten alle Gesetze beachtet werden.

Das US-Abgeordnetenhaus legte eine Schweigeminute ein. Angesichts des schockierenden Amoklaufes hat ein Senatsausschuss die für Dienstag geplante Anhörung von Justizminister Alberto Gonzales zur umstrittenen Entlassung von acht Bundesrichtern verschoben. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte ihre Bestürzung.

Der Amoklauf erfolgte nur vier Tage vor dem 8. Jahrestag des Schulmassakers von Columbine (Colorado). Zwei Schüler hatten am 20. April 1999 zwölf Mitschüler und einen Lehrer getötet und sich dann selbst das Leben genommen. (tso/dpa/AFP)

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