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Amstetten: Er drohte den Kindern mit dem Gastod

Immer monströser werden die Details, die die Ermittler bekannt geben. Der 73-jährige Josef Fritzl drohte seiner Tochter und ihren Kindern während der 24-jährigen Gefangenschaft, sie mit Gas zu töten, sollte ihm etwas zustoßen.

Immer monströser werden die Details, die die Ermittler bekannt geben. Der 73-jährige Josef Fritzl drohte seiner Tochter und ihren Kindern während der 24-jährigen Gefangenschaft, sie mit Gas zu töten, sollte ihm etwas zustoßen. Dies habe Fritzl in den ersten Verhören ausgesagt, sagte ein Polizeisprecher. Techniker des österreichischen Bundeskriminalamts untersuchen deshalb, ob in das fensterlose 60 Quadratmeter große Verlies tatsächlich Gas hätte eingeleitet werden können.

Josef Fritzl stellte im Verhör den Fall auf seine Weise dar. „Ich sorgte immer gut für alle", soll der 73-jährige zu Protokoll gegeben haben. „Ich hab' es eigentlich gut gemeint“, zitiert „spiegel-online“. Er habe seine Tochter vor „Drogen schützen“ wollen. „Sie war ein schwieriges Kind.“ Das verschachtelte Verlies, der Missbrauch und die Schwangerschaften hätten sich „mit der Zeit ergeben“. Ja, er habe Sex mit seiner Tochter gehabt. Aber sie doch nicht monatelang gefesselt und wie ein Tier gehalten.

Fünf Tage sind vergangen, und in der Ybbsstraße in Amstetten ist es ruhiger geworden. Das graue Haus mit dem Charakter eines Betonklotzes und der Hausnummer 40 ist zwar immer noch weiträumig abgesperrt. Streifenwagen bewachen vor allem die Hinterseite, über die man in den Garten des Grundstücks kommen könnte, aber an diesem regenverhangenen 1. Mai treiben sich nur noch wenige Schaulustige vor der Absperrung herum, und auch die meisten Journalisten sind abgezogen. Sie haben jetzt einen anderen Sammlungspunkt und der ist nur knapp fünf Kilometer weiter südwestlich. Der internationale Journalistentross mit seinen Fotografen, Kamerateams und Übertragungswägen versammelt sich nun vor der Landesnervenklinik. Hier, ein bisschen außerhalb von Amstetten, wird die Familie Fritzl betreut.

Fünf der sechs Kinder, die Josef Fritzl in den vergangenen 24 Jahren mit seiner Tocher E. gezeugt hatte, werden hier von Psychologen behandelt, E. Fritzl, die von ihrem Vater 24 Jahre in einem Kellerverlies eingesperrt wurde ebenso, und auch ihre 69-jährige Mutter ist hier. Den dürren Statements der behandelnden Ärzte zufolge, geht es den Opfern den Umständen entsprechend gut. Anfang der Woche wurde der sechste Geburtstag des kleinen F. gefeiert, der wie seine beiden ältesten Geschwister bis vergangenen Sonntag im Kellerverlies eingesperrt war. Nach Angaben der Ärzte soll sich die Familie rasch gefunden haben, die Kommunikation zwischen jenen Kindern, die mit ihrem Inzest-Vater oberhalb der Erde leben durften, verstehen sich angeblich gut mit den Kindern aus dem Keller. Und auch die Mutter E., deren tragisches Schicksal seit vergangenen Sonntag die Weltöffentlichkeit schockiert – sie soll auf dem Weg der Besserung sein.

Doch gerade jetzt wird deutlich, welche Prüfung in den kommenden Wochen auf die Familie noch zukommen wird – dann , wenn sie aus der ärztlichen Betreuung nach Hause entlassen wird. Vor der Landesnervenklinik stehen Journalisten aus ganz Europa im Regen. Am Mittwoch kam es im Gebäude selbst bereits zu Handgreiflichkeiten, weil Kamerateams auf der Suche nach der Familie Fritzl das Gebäude überallsartig betreten haben und nur mit einem massiven Einsatz der Pfleger vor die Tür bugstiert werden konnten. Seit Donnerstag morgen wird die Anstalt deswegen nicht nur von Sicherheitskräften bewacht, sondern auch von einem privaten Wachdienst, der die internationale Presse aus dem Gebäude halten soll.

Tatsächlich ist es aber wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis einem Fotografen der erste Schnappschuss gelingt. Und genau das drängt nun die Frage auf, wie die Familie mit ihrem Martyrium in Zukunft umgehen soll. Der Bezirkshauptmann von Amstetten, Hans-Heinz Lenze, hat jedenfalls bereits angeregt, dass die Familie mit neuen Identitäten versorgt werden soll, um ihr ein einigermaßen ruhiges Leben ermöglichen zu können. Auch Psychologen befürworten das – und auch Natascha Kampusch rät der Familie, sich von der Öffentlichkeit fernzuhalten. Kampusch selbst hatte den umgekehrten Weg gewählt und bereits kurz nach ihrer Freilassung das Licht der Öffentlichkeit gesucht. Finanziell hat sie durch die Gagen für ihre Auftritte ausgesorgt – doch ein normales Leben, wie sie sich erhofft hatte, kann sie immer noch nicht führen. Auch im Fall der Familie Fritzl treffen bereits die ersten Millionenangebote für Interviews bei ihrem Anwalt ein.

Die Ermittlungen drehen sich derzeit vor allem um die Frage, ob Josef Fritzl Mitwisser hatte. Nach wie vor unklar ist, wie Fritzl jene 300 Kilogramm schwere Stahlbeton-Tür ohne Hilfe im Keller montieren konnte. Die Tür war mit einem elektronischen Zugangscode gesichert. Nun tauchen Gerüchte auf, dass diese Türe sich nach einer bestimmten Zeit von selbst geöffnet hätte. So hätten E. Fritzl und ihre Kinder für den Fall eines Todes ihres Vaters entkommen können.

Markus Huber[Amstetten]

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