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Andrea Pininfarina: Autodesigner im Dienst der Schönheit

Andrea Pininfarina entwarf Ferraris, Maseratis, aber auch Hybrid- und Elektroautos der Luxusklasse. Er starb auf einer Vespa.

Von Andreas Oswald

Er entwarf die schönsten Autos der Welt, Ferraris, Maseratis, Lancias, Alfa Romeos, Fiats. Der Name Pininfarina steht wie kein anderer für italienisches Automobildesign.

Andrea Pininfarina kam jetzt bei einem Verkehrsunfall in Turin ums Leben. Der Konzernchef fuhr eine Vespa und stieß mit einem Auto zusammen.

Sein Unternehmen, das er in dritter Generation führte, hatte für zahlreiche Autofirmen in der ganzen Welt Modelle entworfen, Cadillacs, Volvos, Fords, Mitsubishis. Auch die Inder und Chinesen nahmen seine Dienste in Anspruch. Aber der Konzern entwarf nicht nur, er produzierte auch im Auftrag der anderen, vor allem für den Nachbarn Fiat.

Andrea Pininfarina ist der Enkel von Battista Farina, des Firmengründers, der 1930 damit begann, edle Linienführungen für Autos zu entwerfen. Es entstanden die schönsten Ferraris und Ikonen der Automobilgeschichte wie der erste Spider von Alfa Romeo. Der Cisitalia 202 von 1947 steht heute im Museum of Modern Art in New York. Der Firmengründer wurde „Pinin“ Farina genannt, der „kleine Farina“. Mit Erlaubnis des Staatspräsidenten wurde der Spitzname Pinin dem offiziellen Namen einverleibt.

„Gutes Design überdauert die Zeit“, sagte der jetzt verunglückte Enkel einmal. Es sind zeitlos elegante Formen, die sein Haus verlassen. Was ist gutes Design? „Es ist der Sinn für Proportionen, für die Einfachheit und Harmonie der Linienführung. So dass selbst nach beträchtlicher Zeit etwas übrig bleibt, das lebendiger ist als bloß eine Erinnerung an die Schönheit“, sagte einst der Stammvater.

Der Enkel hat das Vermächtnis nicht nur weitergeführt, er war Vordenker einer Entwicklung, die erst heute brisante Aktualität hat. Andrea Pininfarina präsentierte Ende der 90er Jahre einen Hybridwagen mit Benzin- und Elektromotoren. Gebaut wurde dieses revolutionäre Konzept später nur von Toyota, die ignoranten deutschen Autobauer vermochten die Zeichen der Zeit nicht zu sehen. Sie verschliefen einen Trend, der angesichts explodierender Ölpreise einen Ausweg für die gebeutelte Branche darstellt. Pininfarina geht noch einen Schritt weiter. „Sintesi“ heißt das Projekt. Es ist ein Elektroauto der Luxusklasse. Ein Entwurf wurde bereits vorgestellt, 2010 soll das Modell marktreif sein.

Andrea Pininfarina galt als zurückhaltender, fast unauffälliger Mann, der gänzlich frei von Starallüren war. Höflich und leise trat er auf und wenn es darum ging, ihn auszuzeichnen, präsentierte er immer sein Team. Vielleicht gehörte es zu seiner Bescheidenheit, eine Vespa zu fahren, statt eines seiner großen edlen Autos, die er produzierte. Dass ausgerechnet diese Bescheidenheit jetzt seinen Tod mit herbeiführte, ist tragisch. Der Mann lebte fast ausschließlich für seine Firma. Nach seinem Studium der Ingenieurwissenschaften ging er für ein Jahr in die USA, bevor er zurückkam in die Firma seines Großvaters, die er übernehmen sollte. Dass der Konzern im letzten Jahr fast 115 Millionen Euro Verlust machte, lag vor allem an mehreren Produktionsaufträgen, die alle zur gleichen Zeit ausliefen.

Andrea Pininfarina hat daher einen Investor ins Boot geholt. Der Franzose Vincent Bolloré sorgt für eine Kapitalspritze. Der Anteil der Pininfarina-Familie dürfte von 55 Prozent auf etwa 30 Prozent sinken. An der Struktur des Unternehmens soll aber wenig verändert werden. Pininfarinas Team wird also weiterhin schöne Autos entwerfen. Andreas Oswald

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