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Panorama: Angst vor den Hooligans: Warum es für die friedlichen Fans wenig zu feiern gibt

Als Michael Gabriel das Faltblatt "Fans Only" der EM-Organisatoren las, wurden seine Befürchtungen noch übertroffen. Zwar konnte er auf einem Dutzend Seiten genau lesen, welche Sicherheitsmaßnahmen in den Niederlanden und in Belgien vorgesehen sind, aber begleitende Veranstaltungen für die Fußballfans wurden so gut wie nicht erwähnt.

Als Michael Gabriel das Faltblatt "Fans Only" der EM-Organisatoren las, wurden seine Befürchtungen noch übertroffen. Zwar konnte er auf einem Dutzend Seiten genau lesen, welche Sicherheitsmaßnahmen in den Niederlanden und in Belgien vorgesehen sind, aber begleitende Veranstaltungen für die Fußballfans wurden so gut wie nicht erwähnt. Als Gabriel, einer der beiden Leiter der Koordinierungsstelle Fan-Projekte (KOS) in Frankfurt (Main), dann doch fündig wurde, war er vollends bedient. In Charleroi, wo sich am 17. Juni die deutsche und die englische Mannschaft gegenüberstehen, wird den Fans ein Konzert mit der Sängerin Patricia Kaas geboten. Sie bringt ihre Lieder am 14. Juli zum Vortrag, die Europameisterschaft endet jedoch am 2. Juli. Am 1. Juli soll in einigen niederländischen Städten zur Erbauung der Anhänger zumindest eine "Kuh-Parade" stattfinden.

Prävention ist kaum möglich

Kaas und Kühe - für Gabriel symptomatisch für das, was bei der EM geplant ist. Der Sozialarbeiter, als Fußballer einst selbst im Kader von Eintracht Frankfurt, zieht einen Vergleich mit der EM 1996 in England: "Damals gab es viele Diskussionen über die möglichen Ausschreitungen in England, dem Vaterland des Hooliganismus, wie jetzt auch. Aber damals war die britische Organisation der Fußball-Anhänger zwei Jahre mit in die Vorbereitungen integriert." Und diese Vereinigung habe dafür gesorgt, dass es internationale Zeltlager und Fußball-Turniere, viele Konzerte und Ausstellungen für die Anhänger aus ganz Europa gegeben habe. Alles Möglichkeiten, um durch eine intensive Betreuung der friedlichen Fans Prävention zu leisten.

Diesmal werden die Voraussetzungen der Fan-Arbeit ungleich schwieriger sein. Nicht nur, weil im Vorfeld Fan-Organisationen generell wenig Einflussmöglichkeiten hatten. Sondern auch deshalb, weil die Mannschaften - und damit die Anhänger - nicht lange an einem Ort bleiben. Die drei Vorrundenspiele des deutschen Teams finden zwischen dem 12. und 20. Juni in Lüttich, Charleroi und Rotterdam statt. "Da ist es fast unmöglich, längerfristig zu arbeiten", sagt Thomas Schneider, wie Gabriel Leiter der KOS. Die Koordinierungsstelle wird zu zwei Dritteln aus Mitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie zu einem Drittel vom Deutschen Fußball-Bund finanziert. Insgesamt werden acht KOS-Mitarbeiter in den Spielorten sein, als Ansprechpartner und Hilfestellung für deutsche Fans. Die Kommunen haben wenigstens jeweils zwei Fan-"Botschaften" eingerichtet, an die sich die Besucher aus den beiden Ländern im Notfall wenden können.

Kartenvergabe macht Ärger

Korrekt behandelte Fans sind aus Schneiders Sicht weniger empfänglich für die nur von kleinen Gruppen inszenierten Gewalt-Aktionen: "Wenn wir mit den friedlichen Anhängern respektvoll umgehen, können wir den Hooligans den Nährboden entziehen." Schneider hat allerdings die Erfahrung gemacht, dass auch die überwiegend friedlichen deutschen Anhänger im Ausland immer wieder schlecht behandelt würden, weil man sie mit den wenigen Gewalttätern in einen Topf wirft. Aus diesen Gründen und wegen übertriebener Sicherheitsvorkehrungen entstünden schlechte Stimmung - und wiederum Aggressionen. Zudem befürchten die beiden KOS-Chefs, dass das Kartenvergabesystem für großen Ärger sorgen wird, weil vor der Gruppenauslosung gekaufte Tickets - aus Sicherheitsgründen - nicht umgetauscht werden dürfen. So haben zum Beispiel noch etwa 1000 Engländer Karten für die Partie Deutschland gegen Rumänien.

Sebastian Arlt

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