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Panorama: Angst vorm Vater

Teilgeständnis im Missbrauchsprozess

Im Koblenzer Missbrauchsprozess hat der Angeklagte ein Teilgeständnis abgelegt. Die Vorwürfe der Anklage, wonach er seine leibliche Tochter jahrelang missbraucht habe, seien zutreffend, sagte der Verteidiger des 48-jährigen Detlef S. nach Rücksprache mit seinem Mandanten im Koblenzer Landgericht am Mittwoch. Noch am Vortag hatte der Angeklagte alle Missbrauchsvorwürfe zurückgewiesen. Ihm werden insgesamt 350 Sexualverbrechen vorgeworfen. Nur dass er mit seiner Stieftochter acht Kinder gezeugt hat, hatte er am Dienstag schon zugegeben.

Nach Angaben des Vorsitzenden Richters Winfried Hetger berichtete die 18-Jährige, wie ihr Vater mit ihr als Zwölfjährige in einen Wald gefahren sei und sie dort aufgefordert habe, sich auszuziehen. Auf ihre Frage, was er wolle, habe er gesagt, er wolle ihr „zeigen, wie es geht“. Dann habe er sie vergewaltigt. Im Alter von 14 Jahren habe der Vater sie an zwei Bekannte verkauft, mit denen sie in einem Schuppen Sex haben musste. An dieser Stelle ihrer Aussage brach die 18-Jährige nach Angaben des Richters unter Tränen zusammen. Daraufhin wurde Detlef S. aus dem Gerichtssaal verwiesen, bevor die Zeugin ihre Aussage fortsetzte. Die leibliche Tochter wurde nach Angaben ihrer Anwältin vor ihrer Aussage von Angst beherrscht: „Auf der einen Seite ist es ja ihr geliebter Vater, auf der anderen Seite auch ihr Peiniger, der ihr die Kindheit genommen hat.“

Von einem jahrelangen Martyrium berichtete der Stiefsohn in seiner Befragung vor Gericht. Am Vortag hatte schon dessen Zwillingsschwester ausgesagt. Die Öffentlichkeit war vor den Befragungen ausgeschlossen worden. Der Illustrierten „Bunte“ sagten Tochter und Stieftochter des Beschuldigten, sie wollten künftig ein möglichst normales Leben führen. Sie träume von einem Leben „ohne Gewalt, ohne Schläge, ohne Fremdbestimmung“, sagte die 27-jährige Stieftochter. „Vielleicht in einem kleinen Häuschen. Mit meinen Kindern und einem Mann, der mich liebt.“ Zudem wolle sie eine Friseurlehre machen.

Ihre 18-jährige Halbschwester beginnt den Angaben zufolge im Sommer eine Ausbildung zur Hotelfachfrau. „Papa wollte nicht, dass wir Mädchen zur Schule gehen. Dort hatte er ja keine Kontrolle über uns.“ Über ihren Vater sagt sie: „Wenn er aus dem Gefängnis freikommen würde, würde ich weglaufen.“ Beide Frauen haben inzwischen Freunde, doch die kennen laut „Bunte“ nicht alle Details ihrer Vergangenheit. Die 27-Jährige sagte der Illustrierten, sie fange langsam zu verstehen an, „wie sich Liebe anfühlt“.

Jugendämter haben nach Einschätzung der Deutschen Kinderhilfe generell Probleme im Umgang mit Verdachtsfällen von sexuellem Missbrauch. Es fehle an Fachstandards, sagte der Vorstand, Georg Ehrmann. Der Kreis Altenkirchen will nach Vorwürfen gegen das Jugendamt ein Gutachten in Auftrag geben, um zu klären, ob es in dem Fall Fehler oder Versäumnisse gegeben hat. dpa/dapd

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