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Panorama: Ansteckend im Handumdrehen

Schon die Namen für diese Krankheit signalisieren Gefahr: "Grippe" kommt vom französischen "gripper", greifen , grapschen, sich festfressen. Die präzisere Bezeichnung der Infektionskrankheit, die weit mehr ist als ein banaler grippaler Infekt, lautet Influenza: Von lateinisch influere, sich einschleichen, einfließen.

Schon die Namen für diese Krankheit signalisieren Gefahr: "Grippe" kommt vom französischen "gripper", greifen , grapschen, sich festfressen. Die präzisere Bezeichnung der Infektionskrankheit, die weit mehr ist als ein banaler grippaler Infekt, lautet Influenza: Von lateinisch influere, sich einschleichen, einfließen.

Die Viren, die sich in einigen Wintern des vergangenen Jahrhunderts bei Millionen Menschen "eingeschlichen" und "festgefressen" haben, wandern per Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch: Husten, Nießen und Händeschütteln genügen. Influenza-Viren sind besonders listige Mikroorganismen, denn sie verfügen über die Fähigkeit, von Zeit zu Zeit Bestandteile ihrer "Verpackung" zu ändern, an denen sie unser körpereigenes Abwehrsystem sonst rechtzeitig erkennen könnte. Deshalb geben ihnen Infektionsexperten komplizierte Namen, die nicht nur die Serotypen A,B und C, sondern auch die Art der Hüllenbestandteile, der Neuraminidasen, bezeichnen. Beinamen wie "Hongkong" oder "Peking" bezeichnen den Ort ihres ersten Auftretens.

Über Spanien nach Deutschland

Hat die "echte" Grippe nun auch in Europa wieder zugeschlagen? Der aktuelle Bericht für die erste Woche des neuen Kalenderjahrs verzeichnet in Deutschland insgesamt eine "leicht erhöhte Aktivität bei akuten respiratorischen Erkrankungen", wie Susanne Glasmacher vom in Berlin ansässigen Robert Koch Institut (RKI) zusammenfasst.

Noch sind es unter zehn Einzelfälle, in denen der Influenza-Erreger nachweislich im Spiel war. Die etwas höhere Rate an Erkrankungen der oberen Luftwege, die "zwischen den Jahren" aus den Praxen der Ärzte gemeldet wurden, lässt sich erfahrungsgemäß durch die Feiertage erklären: In solchen Zeiten kommen eher akut Erkrankte zum Doktor. Doch in Frankreich, Belgien, der Schweiz und Spanien sind die Erreger in dieser Saison schon häufiger nachgewiesen worden. Erfahrungsgemäß nehmen sie ihren Weg nach Deutschland oft von den westlichen Nachbarländern aus. Die Arbeitsgemeinschaft Influenza in Deutschland (AGI) rät deshalb zur schnellen Vorsorge: "Wer sich in diesem Winter noch impfen lassen will, sollte das jetzt tun", so der Mediziner Helmut Uphoff von Deutschen Grünen Kreuz in Marburg, das zusammen mit den Nationalen Referenzzentren für Influenza in Berlin und Hannover und dem federführenden Robert Koch Institut das Überwachungssystem für die Influenza in Deutschland bildet.

Die klassische Zeit für die Impfung bilden zwar die Herbstmonate, "aber auch Nachzügler profitieren", wie Brunhilde Schweiger, Leiterin des Influenza-Referenzzentrums am RKI, in der aktuellen Ausgabe des Bundesgesundheitsblatts versichert.

Zwar dauert es etwa zwei Wochen, bis der Impfstoff seinen vollen Schutz entfaltet. Aber schaden kann er auch dann nicht, wenn der Geimpfte sich zuvor schon mit der Grippe infiziert haben sollte.

Seit Jahren empfiehlt das RKI die Kombi-Impfung für medizinisches Personal, Menschen, die täglich Kontakt mit zahlreichen Mitmenschen haben, wie etwa Pflegepersonal in Krankenhäusern und Altenheimen, für Herz- oder Lungenkranke und Diabetiker, für die über 60jährigen, aber auch für Immungeschwächte, zum Beispiel HIV-Infizierte.

Schätzungsweise 70 bis 90 Prozent der Geimpften sind für einen Winter völlig geschützt, bei den anderen fällt eine Infektion zumindest milder aus. Gegen banalere Erkältungen, an denen andere Erreger schuld sind, hilft die Impfung nicht. Neben hohem Fieber, Gliederschmerzen und heftigen Symptomen an den oberen Luftwegen sind vor allem die Komplikationen der echten Grippe gefürchtet, die sich einstellen, wenn Bakterien die "Gunst" der Stunde nutzen und sich bei den durch das Virus schon Geschwächten festsetzen.

Keine Alternative zur Impfung

Lungenentzündungen, Erkrankungen des Herzmuskels und lebensbedrohliche Gehirnentzündungen sind dann die Folge. Zwar gibt es inzwischen Medikamente, die Hilfe gegen Virus-Erkrankungen versprechen, wenn sie in den ersten Stunden nach der Infektion eingenommen werden. Eine echte Alternative zur schützenden Impfung ist aber damit noch nicht in Sicht.

Langfristig blieb in Deutschland vor allem die schreckliche Grippe-Epidemie von 1918 in Erinnerung: 700 Millionen Menschen sind damals weltweit erkrankt, schätzungsweise 20 Millionen fanden den Tod. Beträchtliche Auswirkungen hatte auch die "Asiatische Grippe", die im Jahr 1957 von Hongkong aus ihren Siegeszug antrat.

1997 geriet diese Stadt im Zusammenhang mit Influenza nochmals in die Schlagzeilen: Die Viren waren von Geflügel auf den Menschen übergegangen. Auch wenn nicht so dramatische Zahlen genannt werden, registrieren Statistiker in Grippe-Jahren regelmäßig eine saisonale "Übersterblichkeit" der Bevölkerung betroffener Regionen.

Welcher Cocktail von Erregerbestandteilen für die jeweilige Impf-Saison zusammengestellt wird, geht auf die Prognosen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zurück, die die Entwicklungen weltweit verfolgt und die gefährlichen Virusstämme identifiziert. Obwohl die Feintypisierung der in Deutschland jetzt aufgetretenen Erreger noch aussteht, ist Uphoff zuversichtlich: "Der verfügbare Impfstoff deckt sie ab."

Adelheid Müller-Lissner

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