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Der „Quenelle-Gruß“. Nicolas Anelka (links) am Sonnabend nach seinem zweiten Treffer gegen West Ham United.

© AFP

Antisemitismus: "Quenelle" - der umgekehrte Hitlergruß des Stürmers Nikolas Anelka

Frankreichs Fußballstar Nicolas Anelka löst mit seinem „Quenelle“-Gruß Empörung aus. Der Gruß gilt als eine Art Geheimzeichen, mit dem sich Antisemiten und Rechtsradikale verständigen.

Ein schlimmer Gruß breitet sich in Frankreich aus. Zunächst wusste niemand recht zu sagen, was er bedeutet. Sollte es eine obszöne Geste sein, wie manche meinten? Ist es Ausdruck politischer Verachtung, ein Zeichen des Protests gegen das Establishment, gegen das System, wie Soziologen glaubten? Oder ist es eine neue antisemitische Provokation, mit der extreme Rechte ihre Gesinnung manifestieren? Tatsache ist, dass der sogenannte „Quenelle-Gruß“ in der französischen Öffentlichkeit für Aufregung sorgt, seit Nicolas Anelka, Frankreichs berühmter Fußball-Nationalspieler, beim Ausgleichstreffer im Match seines englischen Clubs West Bromwich Albion gegen West Ham United mit der linken Hand auf dem nach unten gestreckten rechten Arm in den Jubel der Fans einstimmte.

Nicolas Anelka ist für seine Skandale bekannt

Dieser umgekehrte Nazi-Gruß löste vor allem in Frankreich einen Sturm der Entrüstung aus. Aber auch in England wuchs am Sonntag die Empörung. Der Fußballverband FA erwägt eine Klage gegen Anelka. „Wir werden den Vorfall untersuchen“, bestätigte ein FA-Sprecher.

Es sei eine „schockierende Provokation“, sagte Frankreichs Sportministerin Valérie Fourneyon zu dem Eklat, den der 34-jährige Fußballer mit familiären Wurzeln im Überseedepartement Martinique mit der umstrittenen Geste auslöste.

Hat sich der durch vielerlei Provokationen als „enfant terrible“ berüchtigte Star-Kicker zum Antisemitismus bekannt? Das fragten englische Sportzeitungen. Der Europäische Jüdische Kongress (CJE) forderte die Premier League zu einer Sperre für Anelka auf. Diese Geste sei ein weniger bekannter Nazigruß, erklärte CJE-Präsident Moshe Kantor. „Wir erwarten, dass Anelka dafür von der Polizei genauso bestraft wird wie für den üblichen Hitlergruß. Für solchen Rassismus darf es im Sport keinen Platz geben. Es ist eklig, dass sich ein Fußballer mit solcher Popularität vor zehntausenden Zuschauern so eine verletzende und hasserfüllt Geste erlaubt“, sagte er. Anelkas Anwalt Sanjay Mirabeau sagte gegenüber der Zeitung „Le Parisien“ erneut, der „Quenelle“ sei „kein Nazigruß“. Frankreichs Innenminister Manuel Valls sieht das völlig anders. „Die Geste ist ganz klar antisemitisch“, sagte Valls. Cindy Leoni von der französischen Organisation „SOS Racisme“ forderte den Verein West Bromwich Albion auf, schnelle Maßnahmen gegen Anelka zu ergreifen.

Über Twitter verteidigt sich Nicolas Anelka

Über Twitter verteidigte sich Anelka nach dem Spiel. „Diese Geste war bloß eine spezielle Widmung für meinen Freund, den Humoristen Dieudonné“, schrieb er. Der in Frankreich geborene 36-jährige Komiker afrikanischer Herkunft mit bürgerlichem Namen Dieudonné M’Bala M’Bala hat sich bei Wahlen in den vergangenen Jahren als antikolonialer und antizionistischer Aktivist hervorgetan und wurde für eine seiner zahlreichen antisemitischen Provokationen im November zu einer Strafe von 28 000 Euro verurteilt. Bei einer Aufführung seines Stücks „Le Mur“ (die Mauer) in seinem Pariser Théâtre de la Main d’Or hatte er kürzlich einen Journalisten des Rundfunksenders France Inter die Gaskammer angedroht. Jetzt lässt Innenminister Valls prüfen, ob es Möglichkeiten gibt, eine im Januar geplante Tournee des Komikers in der Provinz zu verbieten. „Dieudonné glaubt, er könne sich alles erlauben, ich sage Nein“, erklärte der Innenminister. Dieudonné gilt als derjenige, der für die Verbreitung des „Salut Quenelle“ in Frankreich verantwortlich gemacht wird. 2012 führte er ihn in seinem Theater vor. Seitdem wird er immer häufiger nachgeäfft. Bei den Protesten gegen die Legalisierung der Homo-Ehe wurde er beobachtet. Im Internet kursieren Fotos von angeblichen Polizeibeamten, die den Frust über ihren Dienst auf diese Weise bekunden.

Mit Skandalen ist Anelka vertraut. Bei der Weltmeisterschaft in Südafrika beschimpfte er den französischen Nationaltrainer öffentlich während eines Spiels mit heftigen Schimpfwörtern. Daraufhin wurde er nach Hause geschickt und für 18 weitere Spiele der Nationalmannschaft gesperrt. Anelka verweigerte eine Entschuldigung und liegt mit dem Fußballverband über Kreuz.

2004 war Anelka in den Vereinigten Arabischen Emiraten zum Islam konvertiert und nahm privat den Namen Bilal Abdul Salam an.

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