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Arktis: Eisschmelze nimmt dramatische Formen an

Die europäische Raumfahrtorganisation Esa hat unter Berufung auf Satellitenbilder "dramatische Öffnungen" des vermeintlich "ewigen" Eises im hohen Norden gemeldet. Die Wissenschaftler sind schockiert.

Paris - "Es ist höchst vorstellbar, dass ein Schiff mühelos von Spitzbergen oder Nordsibirien bis zum Nordpol durch das gelangt wäre, was normalerweise Packeis ist", erklärte Esa-Meeresexperte Mark Drinkwater. Die Risse im Packeis - die sich mit Beginn des arktischen Herbstes in den vergangenen Wochen zunächst wieder schlossen - zogen sich über ein Gebiet hin, das größer ist als die Britischen Inseln. Derartiges sei in den vergangenen Jahrzehnten noch nie beobachtet worden, betonte Drinkwater.

Erst vergangene Woche hatten US-Klimaforscher Alarm geschlagen, weil das "ewige" Eis in der Arktis zuletzt drastisch abschmolz und sie nun eine Spirale der Erwärmung im hohen Norden fürchten. Demnach gingen allein von 2004 bis 2005 etwa 720.000 Quadratkilometer und damit ein Siebtel des ganzjährig vorhandenen Eises verloren. Dies entsprach einem Gebiet von der Größe des US-Bundesstaates Texas. Im September 2005 wurde so wenig Eis in der Arktis gemessen wie noch nie seit Beginn der Satelliten-Aufzeichnungen im Jahre 1978. Betroffen war vor allem der Ostarktische Ozean oberhalb von Europa und Asien.

Stürme reißen Eis in Stücke

Die Esa führte die diesmal beobachteten Änderungen auch auf die Stürme des vergangenen Spätsommers zurück: Rund fünf bis zehn Prozent des sonst massiven ganzjährigen Eises wurden demnach durch diese Stürme in Stücke gerissen. Die Eis-Konzentration im Gebiet zwischen Spitzbergen, dem Nordpol und Sewernaja Semlija lag den Angaben zufolge deutlich unter den bislang gemessenen Werten. "Wenn dieser anormale Trend sich fortsetzt, wird die Nordost-Passage zwischen Europa und Asien längere Zeit über offen sein", notierte Drinkwater. Dann sei denkbar, dass in zehn oder zwanzig Jahren sogar Weltumseglungen direkt durch den sommerlichen Arktischen Ozean versucht würden.

Das offenbar durch den Treibhauseffekt und die allgemeine Erderwärmung ausgelöste Schmelzen des arktischen Eises sehen Wissenschaftler mit großer Sorge. Es stört offenbar wichtige Meeeresströmungen wie den warmen Golfstrom, der weiten Teilen Westeuropas mildes Klima bringt. Tiere wie Eisbären und Seehunde, deren Lebenszyklen vom Eis abhängen, drohen durch die Schmelze schwer getroffen zu werden. Das Phänomen hat auch geopolitische Folgen - so streiten Kanada, Russland und die USA um die Rechte für Nordpol-Passagen. (tso/AFP)

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