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Arnold Schwarzenegger

© AFP

Arnold Schwarzenegger: Grazile Heimkehr

Der kalifornische Regierungschef Arnold Schwarzenegger besucht überraschend Österreich – will er sich versöhnen?

Es war so etwas wie der lang erwartete Anruf eines vermisst geglaubten Sohnes, als am Samstag in Graz das Telefon des Landeshauptmanns der Steiermark klingelte. Am anderen Ende der Leitung meldete sich das österreichische Generalkonsulat in Los Angeles und kündigte an, dass Arnold Schwarzenegger am Sonntag für einen Blitzbesuch mit seiner Privatmaschine auf dem Grazer Flughafen Thalerhof landen werde. Der berühmteste Sohn der Stadt nutzt seine Europareise mit Besuchen beim britischen Premier Tony Blair und französischen Präsidenten Nikolas Sarkozy zu seinem ersten Abstecher in der Heimat seit drei Jahren.

Die Überraschung war groß, hatte man doch gehofft, dass der ehemalige Hollywoodstar und jetzige Gouverneur von Kalifornien zu seinem 60. Geburtstag zurückkehren würde – trotz aller Streitigkeiten um die Todesstrafe und seine zurückgegebene Ehrenbürgerschaft. Fünf Wochen vor seinem runden Jubiläum am 30. Juli ist Schwarzenegger am Sonntag gegen 17 Uhr in Graz gelandet, hat sich mit dem Landeshauptmann getroffen und ist ans Grab seiner Mutter Aurelia gefahren.

Am Samstag war der kalifornische Regierungschef beim Treffen der amerikanischen Bürgermeister aufgetreten und hatte sie aufgerufen, die Führung im Kampf gegen den Klimawandel zu übernehmen. Er verwies auf Umweltinitiativen seines Staates und unterstützte Vorschläge des New Yorker Bürgermeisters Michael Bloomberg, der vor einigen Tagen die Republikanische Partei verließ. Aus dem Umfeld des ehemaligen Börsenmaklers sickerte durch, er habe inzwischen genug Geld für einen Wahlkampf zum US-Präsidenten. Schwarzenegger unterstützt ihn und heizt Spekulationen um die eigene Karriere an: „Bloomberg wäre ein hervorragender Kandidat, weil es ihm um das Lösen von Problemen geht.“ Schwarzenegger gilt als kritischer Kopf und gemäßigter Pragmatiker der Republikaner – noch: Er dürfte zu Bloombergs Schattenkabinett gehören.

In einem Punkt steht er jedoch voll hinter seiner Partei: beim Thema Todesstrafe. Seine Haltung ist in Österreich umstritten. Gerade Graz hat zu seinem großen Sohn, den es so gerne für sich einnimmt, im Lauf der vier Jahrzehnte seit seiner Abwanderung 1961 ein zwiespältiges Verhältnis entwickelt: Jahrelang wurde er als Volksheld gefeiert, das Grazer Stadion nach ihm benannt, 1999 der Ehrenring der Stadt verliehen – schließlich ist die Marke Schwarzenegger Gold wert. Doch als er dem 51-jährigen Tookie Williams, mittlerweile erfolgreicher Buchautor und Mahner gegen Jugend- und Bandenkriminalität, gegen weltweiten Protest die Begnadigung verweigerte und dieser für mehrfachen Mord hingerichtet wurde, distanzierte die Stadt sich mit der rot- grün-kommunistischen Mehrheit im Gemeinderat von ihm. Der Schriftzug vom Fußballstadion wurde entfernt, der „Terminator“ aufgerufen, sich der ethischen Werte seiner Heimat zu besinnen. Schwarzenegger entzog der Stadt jedes Recht auf Verwendung seines Namens.

Der konservative Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl sorgt sich seitdem um „hunderte Millionen Euro“, die der Stadtkasse durch die fehlende Werbung entgehen. Auch Schwarzeneggers ehemaliger Trainer Kurt Marnul versteht die Aufregung nicht: „Das ist doch die Sache vom Arnold, was er als Politiker in Kalifornien macht“, sagt der 77-Jährige ehemalige Mister Austria kopfschüttelnd.

Nun ist Schwarzenegger kurz an den Ort zurückgekehrt, wo er vor fünfzig Jahren seine Karriere als Bodybuilder begann. Damals sah Marnul den jungen Arnold am Thaler See unweit seines Elternhauses im 2200-Einwohner-Ort Thal seine Runden ziehen. Dorthin kehrte Schwarzenegger später mit seiner amerikanischen Freundin Maria Shriver zurück, um ihr seinen Heiratsantrag zu machen. Denn der Gouverneur stammt gar nicht aus der Landeshauptstadt, sondern aus einem Dorf am Stadtrand.

Die Ruhe hier wirkt fast erdrückend. Eingebettet in die hügelige Landschaft nordwestlich von Graz reihen sich in Thal Einfamilienhäuser lose aneinander, dazwischen grüne Wiesen und Äcker. Kuhglocken betten den Ort in einen Klangteppich ländlicher Beschaulichkeit. Wie ein Fremdkörper wirkt die riesige bunte Kirche, gestaltet vom österreichischen Künstler Ernst Fuchs mit Marmor, Stein und Swarowski-Kristallen. Hier wollte sich Schwarzenegger am Sonntagabend mit ehemaligen Freunden treffen. Außer dem „Arnold-Schwarzenegger-Wanderweg“ weist wenig auf den weltberühmten Thaler hin. Das Elternhaus ist kaum zu finden – 100 Meter entfernt weist ein regenwasserverschwommener Zettel den Weg. Ein Beamter der steirischen Landesregierung wohnt jetzt hier. Er will seine Ruhe haben.

Ingo Wolff, Sonja Hasewend[Graz]

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