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Astronaut: Schlegel ist überall

Der deutsche Astronaut Hans Schlegel bereitet sich trotz ersten Anflügen der so genannten "Weltraumkrankheit" auf seinen Außeneinsatz im All vor. Wie können kranke Astronauten behandelt werden?

Von Rainer Kayser, dpa

Hans Schlegel hat als erster Astronaut das europäische Weltraumlabor „Columbus“ im All betreten. Gemeinsam mit seinem französischen Kollegen Leopold Eyharts schwebte Schlegel am Dienstag in das mehr als zehn Tonnen schwere Labor, das nun von Kontrollzentren in Oberpfaffenhofen und dem texanischen Texas überwacht wird. „Wir sind sehr stolz“, sagte Schlegel über Funk.

Der deutsche Astronaut bereitete sich auf den am heutigen Mittwoch geplanten Außeneinsatz vor. Der 56-Jährige hatte nach US-Medienberichten an Unwohlsein ähnlich einer Seekrankheit gelitten. Deshalb war er bei dem ersten Außeneinsatz nicht zum Zuge gekommen. Bei dem zweiten Außeneinsatz, an dem er nun teilnehmen wird, geht es um die Installation eines neuen Stickstofftanks für das äußere Kühlsystem der ISS. Schlegel wird nach Thomas Reiter der zweite Deutsche sein, der je im Raumanzug im All schwebte. Schlegel gehe es gut, hieß es.

Angesichts der Meldungen über eine Erkrankung Schlegels stellt sich die Frage, wie die Raumfahrt mit Erkrankungen im All umgeht. Grundsätzlich gilt: Nur wer kerngesund ist, darf ins Weltall fliegen. Trotzdem können auch Astronauten einmal krank werden: Raumkrankheit, leichte Erkältungen, Kopfschmerzen oder Schlafprobleme sind keine Seltenheit an Bord der internationalen Raumstation ISS. Und auch auf ernstere Notfälle, etwa durch Verletzungen, müssen die Astronauten vorbereitet sein. Denn ein Arzt ist nur in Ausnahmefällen vor Ort, unter den Weltraumfahrern gibt es nur wenige ausgebildete Mediziner. Deshalb gehört zur Astronautenausbildung auch eine umfangreiche medizinische Grundausbildung: Spritzen geben, Blut abnehmen oder gar einen Luftröhrenschnitt vornehmen – das muss jeder Astronaut können. Jeweils ein Raumfahrer an Bord eines Spaceshuttle fungiert außerdem als „Medical Officer“ und hat ein zusätzliches, spezielles Notfalltraining durchlaufen.

Wurden in der Anfangszeit der Weltraumfahrt die Lebensfunktionen der Astronauten noch permanent überwacht, so ist man heute gelassener geworden. „Wir wissen heute, dass sich der Körper zumeist problemlos an die Schwerelosigkeit gewöhnt“, erklärt Rupert Gerzer, Direktor des Instituts für Flugmedizin in Aachen. Die Hauptaufgabe der Ärzte im Kontrollzentrum am Boden ist es, die Lebenserhaltungssysteme an Bord der Raumfähre und der Raumstation zu kontrollieren: Sauerstoffgehalt, Luftfeuchtigkeit, Temperatur. In regelmäßigen Abständen durchlaufen die Astronauten einen Gesundheitscheck, bei dem Blutdruck und EKG, bei längeren Aufenthalten im All auch die Blutwerte zur Kontrolle der Organfunktionen, zur Erde übermittelt werden. Kleinere Gesundheitsprobleme können die Astronauten – in Absprache mit einem Arzt am Boden – problemlos mit ihrer gut ausgestatteten Apotheke an Bord der ISS selbst lösen. In einem Ernstfall würden sich die Notfallmaßnahmen unter Umständen aber deutlich von irdischen Praktiken unterscheiden. So müsste eine Herzmassage mit den Füßen durchgeführt werden, da der Astronaut mangels Schwerkraft seine Hände zum Festhalten benötigt. Und Infusionen laufen ohne Schwerkraft nicht von alleine, sondern müssen unter Druck in die Vene gepumpt werden.

Für Notfälle, die eine Rückführung zur Erde notwendig machen, steht permanent eine Sojus-Kapsel angedockt an die ISS als „Rettungsboot“ bereit. Drei Stunden dauert darin der Rückflug zur Erde. Bislang hat es aber noch keinen derartigen medizinischen Notfall im All gegeben. Auch bei der kurzzeitigen Erkrankung des deutschen Astronauten Hans Schlegel hat es sich vermutlich nur um ein normales Anpassungsproblem an die Weltraumbedingungen gehandelt. „Die Verschwiegenheit von Nasa und Esa ist keineswegs ein Hinweis darauf, dass es sich um ein ernstes Problem handelt“, betont Gerzer, „sondern es ist eine Folge der ärztlichen Schweigepflicht, die auch bei Astronauten gilt.“

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