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Augsburg: Döneraufstand in der CSU

Deutschlands Türken staunen nicht schlecht über das, was sie derzeit aus den türkischen Medien erfahren: In Augsburg zanken sich Bürger und Stadtverwaltung seit Monaten über ein sogenanntes "Dönerverbot" in der Innenstadt.

Im Imbiss von Hasan Tekin etwa hängt die Kopie eines Strafzettels, der ihm vom Ordnungsamt verhängt wurde. Darauf steht, dass er 35 Euro zahlen muss. „Tatvorwurf: Vor Ihrem Laden wurden 12 Leute mit Essen angefunden.“ Inzwischen hat der Ladenbesitzer einen Türsteher eingestellt, der die Kunden davon abhält, den Laden nachts mit einem Döner zu verlassen. Er ist nicht der Einzige, der zu dieser Maßnahme gegriffen hat. Denn für Anfang August hat der städtische Ordnungsdienst in der Maximilianstraße, dem Epizentrum der neuen Sperrzeit, zusätzliche Patrouillen angekündigt. Derzeit werden Mitarbeiter für die neuen Aufgaben fortgebildet, erklärte die Behörde.

„Das klingt wie Satire, ist aber Realität“, sagt der Chef der Jungen Union (JU), Volker Ullrich: „Wir blamieren uns vor ganz Deutschland.“ Neuerdings ist die stärkste Fraktion in Augsburg gespalten und streitet jenseits des Weißwurstäquators über nächtliche Drehspießvergnügen: Die Mitglieder der JU finden das Ess- und Trinkverbot in der Innenstadt peinlich, das ihre Partei, die CSU, im Stadtrat beschlossen hat. Seit März ist es in der Augsburger Innenstadt verboten, zwischen ein Uhr nachts und sechs Uhr außer Haus zu verkaufen. Junge Abgeordnete formulieren derzeit einen Antrag und fordern, die Sondersperrzeit aufzuheben.

Erst vor wenigen Wochen hatte die Tochter des CSU-Politikers Erwin Gerblinger zusammen mit Freunden eine öffentliche Protestaktion gegen die neue Sperrzeit organisiert, für die ihr Vater im Stadtparlament gestimmt hatte. Um 1.01 Uhr in der Nacht zupften rund 600 Menschen am Rathausplatz Alufolie von ihrem Döner und bissen demonstrativ ins Fladenbrot. Einige trugen Plakate: „Wer den Döner nicht ehrt, ist im Stadtrat verkehrt“. Die Polizei war beim Protestessen mit Streifenwagen und Zivilbeamten vor Ort, meldete aber „keine Zwischenfälle“.

Die Verordnung ist Teil eines Maßnahmenpakets, mit dem Partyexzesse auf der Maximilianstraße bekämpft werden sollen. Denn nicht alle sind froh, dass an der Augsburger Prachtmeile seit einigen Jahren auch das Nachtleben blüht. Zwischen sorgfältig restaurierten Patrizierhäusern gibt es immer mehr Diskotheken und Imbisse. Geschäftsleute und Anwohner beschweren sich über „Sauferei und Grölerei auf der Maximilianstraße“ und fanden Unterstützer im Stadtrat: Die CSU stimmte mit dem Bündnispartner „Pro Augsburg“ für das Außenverkaufsverbot ab ein Uhr.

Ziel der neuen Verordnung sind die beliebten türkischen Schnellrestaurants – darin sind sich alle einig. Imbissbetreiber Tekin hat sich einen Anwalt genommen, der beim Oberverwaltungsgericht gegen die Verordnung vorgehen soll. „Es eilt, die Hälfte meines Umsatzes ist flöten gegangen“, sagt Tekin wütend. Die JU hat eine Straßenumfrage durchgeführt. Das Ergebnis soll am Montag vorgestellt werden: „95 Prozent der Leute halten die Regelung für Schmarrn“, sagt Ullrich.

Ferda Ataman

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