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Babymord: Weitere Ermittlungen und Empörung über Schönbohm

Im Fall der neun getöteten Säuglinge von Brieskow-Finkenheerd (Oder-Spree) sind die Durchsuchungen von früheren Wohnungen und Grundstücken der 39-jährigen Mutter am Mittwoch fortgesetzt worden.

Frankfurt (Oder) (3.9.2005, 13:48 Uhr) - Die Frau wird beschuldigt, ihre neun zwischen 1988 und 1999 geborenen Kinder nach der Entbindung getötet zu haben. «Wir haben keine neuen Erkenntnisse», sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder).

Unterdessen riefen Äußerungen von Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) zu dem Verbrechen vielfach Empörung hervor. In einem Interview mit dem «Tagesspiegel» (Mittwoch) hatte Schönbohm erklärt, für Verwahrlosung und Gewaltbereitschaft in Ostdeutschland sei maßgeblich die vom SED-Regime «erzwungene Proletarisierung» mitverantwortlich.

Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sagte dem RBB-Sender Antenne Brandenburg, er könne Schönbohms Sicht, die «doch mehr westdeutsch» sei, nicht teilen. Der SPD-Politiker erinnerte an die zahlreichen Fälle von Kindesmissbrauch und -tötung in anderen Ländern. Schönbohms Kabinettskollege, Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD), bemerkte, dessen Worte hätten ihn genauso erschüttert wie der Vorfall selbst.

«Mit der Denunziation der Lebensbiografien von Millionen Menschen im Osten hat sich Jörg Schönbohm endgültig disqualifiziert», meinte der Bundesgeschäftsführer der Linkspartei.PDS, Rolf Kutzmutz. Auch in Schönbohms eigener Partei regte sich Kritik. So distanzierte sich der Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder), Martin Patzelt von der Einschätzung des CDU-Landeschefs. «Das ist ein Erklärungsmuster, aber das reicht nicht aus, weil es ja auch andernorts, wo das SED-Regime nicht etabliert war, solche Vorgänge gibt», sagte Patzelt im RBB- Inforadio. Der Schweriner CDU-Landtagsfraktionsvorsitzende Eckhardt Rehberg sprach von einer nicht zu rechtfertigenden «verbalen Entgleisung». (tso)

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