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© privat

Bärbel Höhn, die Grüne: "Likörbananenschnaps haut einen um"

Fleißige Frauen, ferne Männer, Bananenschnaps und Feldarbeit: Die Grünen-Politikerin Bärbel Höhn probt Ugandas Dorfleben.

In Luewo geht jeden Tag pünktlich morgens um sechs Uhr die Sonne auf. Zwölf Stunden später geht sie wieder unter, und es wird stockfinster. Schon eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang beginnen die Vögel ihren Tag. Sie machen so viel Lärm, dass kaum einmal jemand verschläft. Auch Bärbel Höhn nicht. Die Vize-Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion hat sich statt in den Osterurlaub nach Uganda aufgemacht, um „drei Tage und vier Nächte“ mit einer Bauernfamilie in der Heimatprovinz des früheren Diktators Idi Amin nördlich der Hauptstadt Kampala zu leben.

Caritas International schickt Manager, Unternehmer und Abgeordnete in einigen Projektgebieten in einen fremden Alltag, damit sie die Probleme der Menschen in Entwicklungsländern besser verstehen. Höhn und ihr Partner in der ugandischen Familie gehörten zu einer Gruppe von insgesamt 30 Neugierigen aus dem Norden, auch der SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber war mit dabei. Höhn lebte mit einem jungen Unternehmer und einem Dolmetscher bei einer Bauernfamilie, der es im Vergleich zu anderen im Dorf „ganz gut“ ging.

Und dennoch ist auch diese Familie mit all den Problemen konfrontiert, die den meisten Bewohnern ländlicher Gebiete in Zentralafrika das Leben schwer machen. Höhn berichtet: „In der Region, in der wir waren, herrschte fast 20 Jahre lang Krieg.“ Die Familie sei, wie alle anderen, unzählige Male vertrieben worden. Die Unsicherheit, ob das, was sie sich diesmal aufgebaut haben, auch tatsächlich bleibt, die sei, sagt Höhn, noch immer zu spüren. An Wasser gibt es in dem Dorf nur das, was in Regenwasserbehältern aufgefangen wird. Strom gibt es überhaupt keinen. „Die Leute haben nicht einmal ein Radio. Die sind von der Außenwelt komplett abgeschnitten“, berichtet die Politikerin.

Der Ehemann von Höhns Gastgeberin hat noch zwei weitere Familien und lebt meistens nicht mit seiner ersten Frau zusammen. Diese ist eine geschickte Bäuerin, „die aus ihrem Stück Land das Beste macht“. Sie baut Kaffee, Ananas und Bananen an. Die Bananen verarbeitet sie zudem zu Likör und Bananenschnaps weiter. „Der haut einen um“, erzählt Höhn. „Der ist wirklich stark.“

Wie viele Kinder ihre Gastgeberin hat, „war nicht so einfach herauszufinden“. Höhn meint, dass ihre Gastgeberin wohl siebenfache Mutter ist, allerdings lebten nur drei Kinder bei ihr. Die anderen vier seien anderswo oder gestorben. Zudem gibt es in der Familie zwei Enkelkinder. Im Dorf ist jede Hütte voll mit Kindern. Viele haben ihre Eltern verloren, weil diese jung an Aids gestorben sind, ältere Kinder haben ihre Väter oder Mütter oft schon im Bürgerkrieg verloren. Nun werden sie allesamt von Großeltern großgezogen. Neben Malaria – „ein Sohn hatte die Krankheit, während wir dort waren, der war im Krankenhaus“ – sind die Schulgebühren die größten Probleme für Eltern oder Großeltern. Zwar bekommt Uganda viel Geld von der Europäischen Union sowie Deutschland und Großbritannien, unter anderem, um damit die Schulgebühren für die Grundschule abzuschaffen. Doch das scheint bisher nicht überall umgesetzt zu sein.

Höhns Gastgeberin berichtete aber auch davon, dass es immer schwerer werde, von der Landwirtschaft zu leben. Einer der Gründe ist der Klimawandel. Die Regenzeiten seien überhaupt nicht mehr verlässlich. Das Ergebnis sind geringere Ernten. Schon eine Erwärmung um ein bis zwei Grad kann die Landwirtschaft in dieser Region hart treffen.

Während Höhn und ihr Kollege sich mit dem Gedanken an die Polygamie des Bauern recht schwer taten, lösten die beiden bei ihren Gastgebern ebenfalls Irritation aus. Dass ein Mann Geschirr spült, fand die Gastgeberin eher befremdlich, erzählt Höhn. Außerdem sei ihr aufgefallen, dass sich ihre Gäste mit Begeisterung um die Kinder gekümmert hätten, und Fußmärsche, aber auch die Arbeit auf dem Acker „klaglos“ mitgemacht hätten. Eine Sache will Bärbel Höhn in ihrem Gastdorf unbedingt ändern, und zwar bald. „Das Kochen ist einen Katastrophe“, sagt sie. Die herkömmlichen Öfen stauben und verbrennen „unglaubliche Mengen Holz“. Das Ergebnis sind Bronchitis, Asthma und abgeholzte Wälder. Für 5000 bis 10 000 Euro ließen sich 500 Familien mit energiesparenden Herden ausstatten. Das will Bärbel Höhn jetzt in Angriff nehmen.

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