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Ballermann: "Alles abreißen und neu bauen"

Spanien und Mallorca haben genug vom Ballermann. Doch derzeit fehlt das Geld für eine Sanierung.

Tote Hose am Ballermann. Die Hoteliers auf der spanischen Baleareninsel Mallorca leiden unter der schlimmsten Tourismuskrise seit Jahren. Deswegen blieben diesen Winter auch die meisten Herbergen verrammelt. Rund zwölf Prozent weniger Urlauber waren es im Jahr 2009, im Dezember gar 20 Prozent weniger. Auch Riesenrabatte konnten die Saison nicht retten. „Ein Desaster“, stöhnen die Hoteliers.

Die Inselregierung erwartet zwar „ein besseres Jahr 2010“, doch Hotelbetreiber und Reiseveranstalter sind skeptisch. Sie fordern, dass endlich die seit Jahren versprochene Modernisierung der betagten Playa de Palma, dem Zentrum des deutschsprachigen Massentourismus, in Angriff genommen wird. Viele Betonburgen an dieser „Ballermann“- Meile haben schon 40 bis 50 Jahre auf dem Buckel. Sind grau, muffig und wenig einladend. Und sie bilden die Kulisse für die inzwischen eher unerwünschten Saufgelage, für Sexgeschäfte und die allgegenwärtige Straßenkriminalität.

„Die Playa de Palma ist hässlich“, schimpfte dieser Tage Spaniens früherer Tourismusminister Javier Gomez Navarro ziemlich unverblümt. Am besten wäre, „alles abzureißen und neu zu bauen“. Doch so weit möchte die Regionalregierung der Baleareninseln denn doch nicht gehen. Sie will dieses Urlaubs- und Vergnügungszentrum östlich der Inselhauptstadt Palma aufwändig zur „Copacabana Europas“ umbauen – inspiriert von Rio de Janeiros weltberühmtem Vergnügungsstrand.

Balearen-Ministerpräsident Francesc Antich sagt: „Man muss die Playa de Palma reformieren, neu erfinden und wieder Illusion schaffen.“ Aber nicht nur mit der Abrissbirne. Einige alte Schmuddelkästen sollen zwar verschwinden, die meisten Gästehäuser sollen jedoch aufpoliert werden. Etwa indem aus zwei engen Zwei-Sterne-Kammern ein komfortables Drei- oder Vier-Sterne-Zimmer entsteht. Die Zahl der bisher 40 000 Hotelbetten würde entsprechend reduziert.

Auch soll bis zum Jahr 2020 alles grüner, hübscher, sicherer und natürlich auch umweltfreundlicher werden. Sogar eine Straßenbahn ist geplant, die von Palma aus den Strand entlangfahren und den Flughafen anbinden soll. Auf der anderen Seite Palmas in der Gemeinde Calvia, dem zweiten großen Urlaubsepizentrum der Insel, werden ähnliche Modernisierungspläne geschmiedet. Dort sollen die Touristenorte Magaluf, Santa Ponca und Palmanova im großen Stil aufgemöbelt werden.

Es gibt nur ein Problem: Der spanische Staat hat derzeit kein Geld für solche milliardenschweren Schönheitsoperationen. Die Wirtschaftskrise und Misswirtschaft haben ein gähnendes Loch im Haushalt hinterlassen. Deswegen werden die Sanierungspläne derzeit immer weiter hinausgeschoben. „Die Playa de Palma ist eine heiße Kartoffel“, bekennt Gabriel Escarrer, angesehener Präsident der Sol-Melia-Hotelgruppe.

So wird wohl auch die Vision von einer vornehmen spanischen Copacabana wohl vorerst noch ein Traum bleiben. Die Hoteliers zittern derweil weiter einer schwierigen Zukunft entgegen. Auch weil die Konkurrenz von Reisezielen auf dem Balkan oder in Nordafrika weiter wächst. In den Freiluftschänken in Mallorcas „Ballermann“-Viertel wird jedenfalls weiter um die Wette gesoffen. „Das geht ab“, krakeelen die Trinkergemeinschaften, denen das Umfeld sowieso ziemlich egal ist – wenigstens solange das Bier und der Sangria im Eimer noch strömen.

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