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Panorama: Ballermann-Urlaub ist besser für die Umwelt

Eine deutsche Studie weist nach: Moderner Qualitätstourismus belastet die Natur mehr als Bettenburgen und volle Kneipen

Weg vom Image „Sonne, Sex und Suff“, dafür mehr Qualitätstourismus mit teuren Residenzen betuchter Mitteleuropäer, Golfplätzen und Yachthäfen – Mallorca scheint die Zeichen der Zeit verstanden zu haben. Der Wandel vom Ballermann-Programm zum Luxusurlaub sollte Geld in die Kassen der Insel spülen und gleichzeitig die Umwelt besser schonen. Genau das Gegenteil tritt ein, zeigt jetzt Geografieprofessor Thomas Schmitt von der Ruhr-Universität in Bochum. Der Ballermann-Massentourismus ist umweltverträglicher als der Qualitätstourismus, lautet seine These.

Golfspielen und Yachthäfen, „Urlaub auf dem Bauernhof“ und „Zweitresidenz auf Mallorca“ heißen die vier Säulen des Qualitätstourismus, mit dem die Ferieninsel dem jähen Ende des Touristenbooms Ende der 80er Jahre begegnen wollte. Seither sind 18 Golfplätze entstanden und Gemeinden wie Calvia melden neben 45 000 dauerhaften Einwohnern 20 000 Zweitwohnsitze. Finanziell aber zahlt sich der Qualitätstourismus wenig aus: 2001 steuerte der Golftourismus gerade einmal 1,9 Prozent zum gesamten Einkommen aus dem Tourismus bei, der nautische Tourismus mit seinen Yachthäfen brachte weitere 4,4 Prozent. Für den Residenzialtourismus mit seinen Zweitwohnsitzen und Prominentenvillen gibt es keine offiziellen Zahlen, die Einnahmen aber dürften sich in ähnlichen Größenordnungen bewegt haben. Richtig Kasse machen die Mallorquiner mit dem neuen Qualitätstourismus also nicht, Strandurlauber und Ballermann-Besucher bleiben die tragende Säule der Inselwirtschaft – die Masse macht es eben. Die Touristen in ihren Hotelburgen aber sitzen eng beieinander, Billigreisen zerstören nur an einem Teil der Küste die Natur. Die Zweitresidenzen der Promis aber entstehen überall dort, wo die Natur am schönsten ist. „Residenzialtourismus ist daher die aggressivste Form des Tourismus“, meint Thomas Schmitt: Weil gerade das Innere Mallorcas praktisch überall traumhaft ist, wuchern Villen inzwischen über fast jeden Hang. Statt Kiefernwälder, Strauchheiden, typischen Mittelmeer-Gebüsch-Landschaften oder Oliven- und Mandelhainen dominieren parkähnliche Vorgärten meist mit Swimmingpool die Landschaft.

So werden aber nicht nur die für Mallorca typischen Tiere und Pflanzen in die Naturschutzgebiete der Insel zurückgedrängt, gleichzeitig steigt auch der Wasserverbrauch enorm. Da werden nicht nur Swimmingpools gefüllt, sondern auch Gärten an 365 Tagen im Jahr bewässert. Während ein Einwohner einer ländlichen Gemeinde mit wenig Zweitwohnsitzen im Durchschnitt weit weniger als hundert Liter Wasser am Tag aus dem Hahn rinnen lässt, fließen in Orten wie Calvia mit hohem Zweitwohnungsanteil pro Kopf 250 Liter Wasser, andere Orte kommen sogar auf mehr als 400 Liter.

Dabei reicht das natürlich vorkommende Süßwasser schon heute längst nicht mehr, die 800 000 dauerhaften Einwohner sowie die Touristen und Zweitwohnsitz-Bewohner mit einem Tagesdurchschnitt von 650 000 Menschen zu versorgen. Der Grundwasserspiegel sinkt bereits seit den 90er Jahren, Salzwasser dringt ein und nur eine Meerwasserentsalzungsanlage entschärft die Situation ein wenig.

Um den grünen Rasen am Wachsen zu halten, benötigt ein Golfplatz bis zu zwei Millionen Liter Wasser am Tag und hat damit einen ähnlichen Verbrauch wie 8000 Menschen in einem Ort mit vielen Zweitwohnsitzen. Für den Wasserhaushalt Mallorcas bedeuten 18 Golfplätze also das Gleiche wie knapp 150 000 weitere Menschen. Auch in puncto Wasserverbrauch ist der Massentourist mit dem „Sonne, Sex und Suff“-Image also erheblich genügsamer. Bei Yachthäfen reichen die Molen oft weit ins Meer hinaus und verändern die Strömungen.

Mancherorts wird daher den Massentouristen bereits der Sand unter den Liegestühlen weggespült, weil der Sandstrand verschwunden ist, der im Vorjahr noch Sonnenfreaks angelockt hat. Nur wenn die Inselregierung die Entwicklung des Qualitätstourismus und vor allem den ungehemmten Bauboom begrenzt, kann sie die aus Umweltsicht verheerende Entwicklung noch stoppen, meint nicht nur Thomas Schmitt, sondern auch die Umweltorganisation GOB auf Mallorca. „Der Massentourismus dagegen verbraucht viel weniger Landschaft und liefert dennoch viel höhere Einnahmen“, sagt der Geografieprofessor.

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