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Bayern: Beziehungsdrama auf der Polizeiwache

Im bayerischen Lauf an der Pegnitz schießt eine Polizistin am Samstag auf ihren ehemaligen Lebensgefährten, verletzt ihn und nimmt sich anschließend das Leben.

Nach stundenlangen, nervenaufreibenden Gesprächen über ihre Beziehungsprobleme ist eine Polizistin in Bayern ausgerastet und hat ihrem Ex-Lebensgefährten in den Hals geschossen. Nach der Tat in der Polizeistation in Lauf an der Pegnitz – der gemeinsamen Dienststelle des Paares – richtete die Frau die Dienstwaffe gegen ihren eigenen Kopf und drückte noch einmal ab. Die 25-Jährige starb am Samstagnachmittag im Krankenhaus, der fünf Jahre ältere Polizeibeamte schwebte am Sonntag weiter in Lebensgefahr.

Außergewöhnlich ist: Mehr als sieben Stunden lang hatten die beiden in einem Zimmer der Polizeiinspektion miteinander geredet – in der Nähe Kollegen, Psychologen und ein bewaffnetes Spezialeinsatzkommando (SEK). „Die Lage vor Ort war so, dass keine aktuelle Bedrohung vorlag“, sagte Polizeipräsident Gerhard Hauptmannl. Obwohl bekannt war, dass die Frau ihre Dienstpistole dabei hatte, wurde sie nicht überwältigt und entwaffnet. Psychologen redeten immer wieder am Telefon auf die Beamtin ein. Dennoch konnte sie niemand dazu bewegen, ihre Waffe abzugeben. „Zu keinem Zeitpunkt ließen die Gespräche, die telefonisch geführt wurden, eine Eskalation des Geschehens erkennen“, erklärte die Polizei im benachbarten Nürnberg. Vielmehr habe die Polizistin immer wieder beteuert, dass sie niemanden verletzen wolle. Die Einsatzkräfte glaubten den Versprechungen der 25-Jährigen, die bei Kollegen als sehr engagiert galt und den höheren Dienst anstrebte. Die Schüsse um 14 Uhr 30 am Samstagnachmittag in dem Dienstzimmer, in dem die beiden Beamten seit etwa 7 Uhr morgens intensiv geredet hatten, kamen nach Polizeiangaben völlig überraschend. „Leg den Kracher weg, komm runter und dann beginnt das Leben neu“, sollen Polizisten nach Worten von Einsatzleiter Ingo Wittassek immer wieder zu der Frau gesagt haben. „Jawoll“, habe sie geantwortet, „ich will ja keinem wehtun“, gab Wittassek die Worte der Beamtin wieder. „Und dann fällt der Schuss“, berichtet er. „In 38 Jahren habe ich so etwas noch nicht erlebt.“ Sekunden später stürmten die Einsatzkräfte das Zimmer, entdeckten die Verletzten. Die 25-Jährige starb wenig später. „Sein Zustand ist nach wie vor kritisch“, sagte Polizeisprecher Peter Schnellinger am Sonntag über das Opfer, das in ein künstliches Koma versetzt worden sei. „Die Ärzte sehen eine Chance, dass der Kollege überleben wird“, berichtete Polizeipräsident Hauptmannl.

Nach bisherigen Erkenntnissen hatte sich der 30-Jährige am Freitag aus unbekannten Gründen nach zwei Jahren Beziehung von seiner Lebensgefährtin getrennt. „Die 25-Jährige hing so stark an ihrem Lebenspartner, dass sie versuchte, die Beziehung zu retten“, erklärte Hauptmannl. Gegen 22 Uhr sei die Beamtin dann bei ihrer Dienststelle aufgetaucht und habe erzählt, sie hätte etwas vergessen. „Das ist nichts Unnormales“, sagte Schnellinger. Im Gebäude wartend schrieb die Frau den Angaben zufolge danach etliche SMS an ihren Ex-Freund und bat ihn zum Revier. Bei dem Gespräch sollte der befreundete Dienstgruppenleiter vermitteln. Stundenlang redete das Paar allerdings dann allein. Als Kollegen bemerkten, dass die Frau ihre Pistole bei sich hatte, wurden schließlich das SEK und Psychologen alarmiert. Immer wieder telefonierten die Experten mit der 25-Jährigen. Sie habe einen stabilen Eindruck gemacht, daher habe das SEK nicht einschreiten wollen. „Man hat auf den Faktor Zeit gesetzt“, erläuterte Schnellinger den Grund, warum die Kräfte nicht zugriffen. Niemand habe mit den Schüssen gerechnet, zumal es für Polizisten nicht verboten ist, die Dienstwaffe auch in der Freizeit zu tragen. „Polizisten sind grundsätzlich immer im Dienst. Das Waffengesetz sieht hier eine Ausnahme für Polizeibeamte vor“, erläuterte ein Sprecher den bayerischen Innenministeriums. Daher habe die Frau ihre Pistole tragen dürfen.

Ob die an dem Einsatz beteiligten Polizisten Fehler machten, müssen nun interne Untersuchungen klären. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth ermittle nicht gegen die Beamten, sagte Oberstaatsanwalt Reinhold Wenny. „Es gibt keine Anhaltspunkte, dass etwas Verkehrtes oder Strafbares gemacht worden ist.“ dpa

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