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Bayern: Braunbär droht tödlicher Schuss

Der bayerische Umweltminister Schnappauf hat ausgerechnet am Tag der Artenvielfalt den aus Tirol nach Bayern gezogenen Braunbär zum Abschuss freigegeben. Zum Verhängnis wurde Meister Petz seine ungewöhnliche Vorliebe für Fleisch.

München - Kaum ist der Braunbär in Deutschland eingetroffen, droht ihm auch schon ein tödlicher Schuss. Grund: Der Braunbär in Bayern ist anders als seine Artgenossen. Bären sind zwar Allesfresser, doch normalerweise ernähren sie sich vorwiegend von Pflanzen. Der aus Tirol nach Bayern gezogene Braunbär jedoch steht nicht so sehr auf vegetarische Kost. An einem einzigen Wochenende hat er im Raum Garmisch-Partenkirchen elf Schafe gerissen. Und dann drang er auch noch in einen umschlossenen Hühnerstall ein. Das war «die dramatische Wende», sagte Schnappauf und gab den zotteligen Einwanderer am Montag zum Abschuss frei.

Für den Minister ist es ein Schreckensszenario, dass ein Bauer wegen lauter Geräusche nachts in seinem Hühnerstall nach dem Rechten schaut und womöglich einem Bären gegenübersteht. «In einer solchen Situation lässt sich nicht mehr kalkulieren, wie sich ein Bär verhält», betonte Schnappauf in München. Die Bären-Expertin Petra Kaczensky von der Universität Freiburg pflichtete ihm bei. Grundsätzlich seien die vorwiegend nachtaktiven Bären zwar nicht aggressiv. «Aber wenn ein Bär weg will, schafft er sich - etwa in einem Hühnerstall - auch Raum», sagte Kaczensky. «Und da reicht es, wenn er über jemanden drüberrennt.»

Bären ernähren sich nach Angaben von Kaczensky normalerweise zu 80 bis 90 Prozent von Pflanzen. Das habe man bei Untersuchungen von Bären-Kot festgestellt. «Bären fressen Gras, Kräuter, Eicheln, Kastanien, Nüsse und graben auch Wurzeln als Nahrung aus.» Auch Bienen, Wespen und Ameisen stehen auf ihrem Speiseplan. Weil Bären anders als Luchs und Wolf keine schnellen Jäger seien, bevorzugten sie ansonsten Fallwild - eine von einer Lawine getötete Gämse sei, wenn diese vom Schnee freigegeben werde, eine willkommene Abrundung der «Speisekarte», berichtete Kaczensky, die zum Beraterteam von Schnappauf gehörte.

Natürlich komme es auch in Österreich immer mal wieder vor, dass die dort in Freiheit lebenden Bären in Gegenden mit Schafen ein Tier rissen, erklärte Bären-Experte Felix Knauer von der Freiburger Universität. Aber es sei nicht normal, dass ein Bär so viele Schafe reiße wie das Tier in Bayern. Der bayerische Bär sei bereits darauf geeicht, sich in der Nähe von menschlichen Siedlungen fleischliche Nahrung zu suchen, hieß es. Und eine solche Konditionierung sei nur noch schwer umzukehren.

Schnappauf betonte, dass die Freigabe zum Abschuss - ausgerechnet am Tag der Artenvielfalt - ihn sehr schmerze. Naturschützer machten ein dickes Fragezeichen hinter die Notwendigkeit dieser Freigabe. Ein bisschen Wehmut ist dabei verständlich: Denn auch wenn der zottelige Einwanderer der erste frei lebende Bär in Deutschland seit 170 Jahren ist, so sind die Bären im Alltag doch stets präsent geblieben - vom Teddybären der Kinder bis hin zu den Gummibärchen. Und auch in der Sprache hat Meister Petz mit Redensarten wie «jemanden einen Bären aufbinden», «der Bär ist los» und Sprichwörtern wie «Man soll das Fell des Bären nicht verteilen, bevor er erlegt ist» deutliche Spuren hinterlassen. (tso/dpa)

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