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© ddp

Bayern: Felsblock zermalmt Haus

Ein gigantischer Felsblock stürzte auf ein Haus. Helfer gruben mit bloßen Händen eine vierköpfige Familie aus – zwei Menschen überlebten.

„Plötzlich hörte ich ein Geräusch, wie wenn große Steine aneinandergerieben werden. Aber ich dachte mir nichts dabei“, erzählt Nachbarin Rita Kimmeringer, die vor dem Fernseher saß, als das Unglück passierte. Erst als immer mehr Rettungswagen vorfuhren, „schaute ich doch auf die Straße und sah eine riesige Staubwolke“.

Ein gigantischer Felsblock war auf das Nachbarhaus gestürzt. Helfer retteten nach stundenlangem Graben Mutter und Sohn der vierköpfigen Familie. Vater und Tochter können sie nur noch tot aus den Trümmern bergen. Die 40 Jahre alte Mutter und ihr 16-jähriger Sohn liegen mit Brüchen und Quetschungen in der Klinik.

Das Unglück geschah gegen 19 Uhr 45. Der abbrechende bewaldete Fels, an den das zweistöckige Haus angebaut war, hatte sekundenschnell alle Mauern, das Dach und die Zwischendecke zermalmt. Die Familie, die sich in einem Raum aufhielt, hatte keine Chance, sich in Sicherheit zu bringen. Nur wenige Meter trennten die Überlebenden von den Toten. Schnell kamen die ersten Rettungsteams. Als der Unglücksort von Scheinwerfern taghell ausgeleuchtet wurde, sahen sie mehrere riesige Gesteinsbrocken auf den Trümmern. Der Größte hat das Ausmaß eines Omnibusses. Nach Schätzung des Geologen Andreas von Poschinger vom Landesamt für Umwelt wiegt allein einer der kleineren Brocken 250 Tonnen. Mit bloßen Händen gruben sich die Helfer zu einem Hohlraum vor, in dem sie die Familie vermuteten. Nach zwei Stunden hörten sie Klopfgeräusche, später die Stimmen von zwei Menschen, wie Polizeisprecher Sommerauer schilderte. Zuerst fanden sie den 45 Jahre alten toten Familienvater. Auch für die 18-jährige Tochter kommt jede Hilfe zu spät. Die Retter gruben sich zu den beiden anderen Verschütteten vor. Ein schwerer Autokran und ein Radlader mussten unverrichteter Dinge wieder abrücken. Ihr Einsatz wäre zu gefährlich gewesen. Gegen 1 Uhr 30 holen die Helfer den Sohn aus den Trümmern, 45 Minuten später die Mutter.

Nur ganz knapp verfehlten die Felsbrocken die Schlossbrauerei. „Das ist wirklich ein sehr bedrückendes Gefühl, das Unglück passierte nur 15 Meter von meinem Fenster entfernt“, sagt eine Büroangestellte der Brauerei. „Man konnte sich vor so einem Unglück gar nicht vorstellen, durch einen Steinschlag getötet zu werden. Doch jetzt, wo ich diese riesigen Felsbrocken sehe, ist mir klar, da hast du keine Chance.“ Ihre Angst versucht die Büroangestellte zu verdrängen.

Der Felssturz kam nicht überraschend. „Wir wussten bereits, dass dieser Hang teilweise instabil ist“, sagte Albert Göttle, Präsident des Bayerischen Landesamts für Umwelt in Augsburg. Die Experten seiner Behörde seien regelmäßig im Freistaat unterwegs, um mögliche Gefahren durch Felsstürze zu erkennen. Dabei seien sie auch auf den brüchigen Fels in Stein a. d. Traun aufmerksam geworden. „Nur 200 Meter vom Unglücksort entfernt wurde in einem Gutachten empfohlen, den Hang zu beobachten und zu sichern“, berichtet Göttle. Einmal jährlich seien zudem lose Gesteinsbrocken eingesammelt worden – „bevor sie selbst runterfallen und Schaden verursachen“. Der Fels, der am Montagabend herabstürzte, sei jedoch nicht gesichert gewesen. Das Gestein, Fachleute nennen es „eiszeitliches Konglomerat“, könne man sich wie einen Beton mit wenig Zement und vielen groben Steinen vorstellen, beschreibt Göttle. „Darin gibt es viele Schwächezonen, in denen die Partikel weniger gut verfestigt sind.“ Diese potenziellen Bruchstellen seien von außen aber nicht immer zu erkennen. „Deshalb kann man das Risiko eines plötzlichen Felssturzes niemals völlig ausschließen“, sagt er. Mit modernen Methoden kann es aber verringert werden. Etwa mit der Laservermessung für die „Gefährdungshinweiskarte“, die das Bayerische Landesamt für Umwelt erarbeitet (siehe unten). In vier Landkreisen ist das Vorhaben bereits abgeschlossen. Der jetzt betroffene Landkreis ist erst nächstes Jahr an der Reihe. mit dpa 

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