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Bergsteiger-Legende: Heinrich Harrer ist tot

Der österreichische Bergsteiger, Forscher und Lehrer des Dalai Lama, Heinrich Harrer, ist tot. Harrer wurde bereits 1938 durch seine Erstbesteigung der Eiger Nordwand bekannt. Später veröffentlichte er den Roman "Sieben Jahre in Tibet".

Wien - Bis zuletzt war Heinrich Harrer trotz internationalen Ruhms seiner Devise treu geblieben, «ein gesundes und einfaches Leben» zu führen. Das habe ihm sportliche Höchstleistungen und ein gesegnetes Alter ermöglicht, hatte er erklärt. Mit täglichen Liegestützen und regelmäßiger Gymnastik hatte er seinen Körper fit gehalten. Anfang Dezember musste der 93-Jährige dennoch eine Lesung bei der Münchner Bücherschau wegen Krankheit absagen. Am Samstag starb der österreichische Bergsteiger, Forscher und Lehrer des Dalai Lama in Kärnten.

Auf dem Höhepunkt seiner weltweiten Beachtung wurde Heinrich Harrer unversehens mit dem umstrittensten Kapitel seines Lebensweges konfrontiert. Als der Hollywood-Beau Brad Pitt 1996 in dem Streifen «Sieben Jahre in Tibet» den legendären österreichischen Bergsteiger, Lehrer und Forscher verkörperte, kam die Nazi-Vergangenheit des Dalai-Lama-Lehrers ans Licht. Der Erstbezwinger der Eiger Nordwand im Schweizer Berner Oberland räumte ein, dass er Mitglied in der SA, der SS und der NSDAP gewesen war. Er konnte jedoch nachweisen, dass er stets passiv geblieben war und nur aus opportunistischen Gründen eingetreten war.

Die Wiederentdeckung dieser dunklen Vergangenheit tat der Popularität Harrers keinen Abbruch. «Ich habe ein reines Gewissen», hatte der Mann mit dem silbergrauen Haar glaubhaft versichert. Denn überraschend sei er von Adolf Hitler 1938 nach der Rückkehr von der Eiger-Tour empfangen und damit ohne sein Zutun vereinnahmt worden. Da Harrer schon 1939 zur deutsch-österreichischen Nanga-Parbat- Expedition in Indien aufbrach, entzog er sich endgültig dem System der Nationalsozialisten.

Im Hafen von Karatschi wurden Harrer und der Expeditionsleiter Peter Aufschnaiter nach ihrer Rückkehr von den Engländern interniert. Der Zweite Weltkrieg hatte begonnen. Den beiden Alpinisten gelang die Flucht. Sie erreichten 1946 nach 21 Monaten, 2000 Kilometern zu Fuß und der Bezwingung von 31 Bergpässen Lhasa, die heilige und für Ausländer gesperrte Hauptstadt des damals noch unabhängigen Tibet.

Zu ihrer eigenen Überraschung erhielten die beiden mittellosen Flüchtlinge eine Anstellung bei der tibetischen Regierung (1946-1951). Ausschlaggebend waren offenbar die technischen Kenntnisse der Ausländer, mit denen sie ihre Gastgeber faszinieren konnten. Harrer wurde Lehrer und Berater des damals elfjährigen Dalai Lama, des geistlichen und weltlichen Oberhauptes der Tibeter. Nach der Flucht der beiden Männer vor den chinesischen Besatzungstruppen trennten sich ihre Wege.

Harrers Buch «Sieben Jahre in Tibet» wurde seit seinem Erscheinen 1952 millionenfach verkauft und in vier Dutzend Sprachen übersetzt. Der Extrembergsteiger ließ sich weiter von seinem Forscherdrang treiben und absolvierte weit über 20 schwierigste Expeditionen, drehte 40 Dokumentarfilme und baute eine riesige Asiatica-Sammlung auf, die er dem Völkerkundemuseum in Zürich übereignete. Seine Bücher wurden oft für viele Jahre zu Standardwerken.

Harrer wurde am 6. Juli 1912 in Hüttenberg im österreichischen Bundesland Kärnten geboren. Seinen Beruf als Gymnasiallehrer übte er praktisch nie aus. Er wurde Bergführer und Skilehrer. 1936 war er Mitglied der Olympiamannschaft und 1937 akademischer Weltmeister im Abfahrtslauf. Nach all seinen Expeditionen ließ er sich in Vaduz nieder, der Hauptstadt des Fürstentums Liechtenstein.

Die enge Freundschaft mit dem 14. Dalai Lama hielt: Das geistige und weltliche Oberhaupt der Tibeter erwies Harrer an dessen 80. und im Jahr 2002 zu seinem 90. Geburtstag die Ehre und besuchte ihn in seiner Geburtsgemeinde. Das dort geplante Tibet-Zentrum, für das der Spatenstich im Mai vorgesehen ist, kann Harrer nicht mehr erleben. (Von Thomas Brey, dpa)

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