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Stadtarchiv

© dpa

Bergungsarbeiten: Verschütteter in Köln identifiziert

Beim Einsturz des Kölner Stadtarchivs ist ein 17-jähriger Bäckerlehrling ums Leben gekommen. Einsatzkräfte bargen seine Leiche am frühen Sonntagmorgen. Nach einem zweiten Vermissten wird weiter gesucht.

An der Unglücksstelle im Kölner Severinsviertel sind in der Nacht zum Sonntag die schlimmsten Befürchtungen der Rettungskräfte wahr geworden. Begraben unter einer meterdicken Schuttschicht fanden die Retter die Leiche des 17-jährigen Kevin.

Der Tote lag etwa vier Meter unter dem Niveau der Straße, tiefer noch als der Keller des Wohnhauses Severinstraße 230, das am Dienstag mit dem Historischen Stadtarchiv einstürzte. Anhand von Zeugenaussagen geht die Polizei davon aus, dass der Jugendliche zum Zeitpunkt des Unglücks schlief. Der Auszubildende hatte von Mitternacht bis Dienstagmorgen in einer Bäckerei gearbeitet und sich danach wahrscheinlich sofort ins Bett gelegt.

Bei dem Einsturz des Wohnhauses Severinstraße 230 wurde Kevin von seinem Schlafzimmer im Dachgeschoß etwa 16 Meter in die Tiefe gerissen. Laut Obduktionsbericht war er sofort tot. Am Sonntagmorgen um 1:45 Uhr entdeckte ein Angehöriger der Freiwilligen Feuerwehr als erstes die Hand des Toten inmitten der Trümmer. Das Opfer konnte inzwischen anhand von Fingerabdrücken eindeutig identifiziert werden.

Suche nach weiterem Vermissten

Kölns Feuerwehrchef Stephan Neuhoff hoffte am Sonntagmittag, nun auch den zweiten Vermissten, einen 24-jährigen Design-Studenten, schnell zu finden. Die Prognosen über einen möglichen Fundort von Verschütteten hätten sich bestätigt.

Am Wochenende waren erneut Freunde des zweiten Vermissten zur Unglücksstelle gekommen. Der Student Khalil hatte sich am Unglückstag bei seiner Praktikumsstelle krank gemeldet und wollte vermutlich in seiner Wohnung eine Erkältung auskurieren. Sie befand sich in einem der beiden Wohnhäuser, die mit dem Stadtarchiv einstürzten. "Ihr holt ihn doch raus, oder?", fragte ein der jungen Männer die Einsatzkräfte am Unglücksort. Ein Feuerwehrsprecher erwiderte: "Das versprechen wir".

Der ehemalige Fußballtrainer von Khalil wollte die Hoffnung nicht aufgeben: "Khalil ist ein Kämpfer, der fightet bis zur neunzigsten Minute". In der Nacht zu Mittwoch sei es ihm vorgekommen, als hätten die Bauarbeiter "wie in Zeitlupe" gearbeitet, sagte der Sportler, der seinen Namen nicht nennen wollte: "Wir sind hier in Köln mitten in Deutschland, nicht irgendwo in Timbuktu, da muss doch mehr möglich sein."

"Letztlich nur Papier"

Verbittert sind die Freunde auch über Medienberichte zu dem Unglück: "Alle beklagen sich über den Verlust der wertvollen Kulturgüter und die beiden Vermissten kommen irgendwo hintenan. Man muss sich einmal vorstellen, was das für die Eltern und Geschwister bedeutet", schimpfte einer und ein anderer ergänzte: "Kevin und Khalil hätten auch etwas schaffen können, das Jahrtausende überdauert, so wie die jetzt verschütteten Kulturgüter. Das ist letztlich nur Papier, aber es geht doch um zwei Menschen."

Als ein Feuerwehrsprecher den aufgewühlten jungen Männern versicherte, dass die Bergung der Vermissten absolute Priorität habe, beruhigten sie sich ein wenig. "Diese Klarstellung hat mir in den vergangenen Tagen gefehlt", sagte der Trainer. Ein anderer Freund des Vermissten stand einige Schritte entfernt und blickte nachdenklich durch die Lücken in der Sichtschutzwand am Rande der Unglücksstelle: "Ich frage mich, was er in den letzten Sekunden vor dem Einsturz gedacht hat, als er gemerkt hat: Moment, hier stimmt was nicht."

Markus Peters[ddp]

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