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Die Bergung der Germanwings-Maschine, die am 24. März 2015 in der Nähe von Seyne-les-Alpes in den französischen Alpen zerschellte, dauerte Wochen.

© Gonzalo Fuentes/REUTERS

Update

Bericht zur Germanwings-Katastrophe: Ermittler fordern strengere medizinische Kontrolle von Piloten

Französische Experten haben den Abschlussbericht zum Absturz der Germanwings-Maschine vor knapp einem Jahr vorgelegt. Der Copilot hatte die Maschine absichtlich zum Absturz gebracht hat.

Als Konsequenz aus der Germanwings-Katastrophe fordert die französische Untersuchungsbehörde BEA routinemäßige Überprüfungen bei Piloten-Ausfällen sowie klare Regeln für die ärztliche Schweigepflicht. Die Schweigepflicht bei einer Gefährdung sei bislang von Land zu Land unterschiedlich geregelt, heißt es im Abschlussbericht, den die BEA am Sonntag, kurz vor dem ersten Jahrestag des Absturzes, in Le Bourget bei Paris vorlegte.
Beide Maßnahmen sollten „auch im Hinblick auf psychiatrische und psychologische Probleme“ erfolgen. Es müsse regelmäßig geprüft werden, ob Piloten insbesondere aus „psychologischen oder psychiatrischen Gründen“ nicht in der Lage seien, ein Flugzeug zu steuern. Dabei müsse insbesondere darauf geachtet werden, dass Piloten ihre psychischen Probleme verschweigen könnten – aus Angst, ihre Fluglizenz zu verlieren. Empfehlungen seien an die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) und die EU-Mitgliedsstaaten gegangen.

Alle 150 Menschen an Bord starben in den französischen Alpen

Die BEA ist das französische Gegenstück zur deutschen Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung. Sie ist nach Flugzeugunglücken für die sogenannte Sicherheitsuntersuchung zuständig, die unabhängig von der strafrechtlichen Aufarbeitung läuft.

Nach Überzeugung der Ermittler brachte Copilot Andreas Lubitz (27) den Airbus A320 am 24. März 2015 auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf absichtlich zum Absturz. Zuvor hatte er den Flugkapitän aus dem Cockpit ausgesperrt. Alle 150 Menschen an Bord starben in den französischen Alpen, unter ihnen 72 Deutsche. Lubitz war nach Erkenntnissen der Ermittler psychisch krank und hatte mehrere Ärzte aufgesucht und sich in den Tagen vor dem Absturz im Internet über Möglichkeiten eines Suizids informiert.

Andreas Lubitz sollte eigentlich in eine psychiatrische Klinik

Eigentlich sollte Lubitz nach dem Willen eines seiner Ärzte in einem psychiatrischen Krankenhaus behandelt werden, wie es in dem Abschlussbericht heißt. Der Mediziner habe am 10. März – zwei Wochen vor dem Absturz – eine mögliche Psychose diagnostiziert und eine Einweisung empfohlen. Lubitz informierte vor dem Unglücksflug 4U9525 demnach nicht über seine Krankschreibung: „Weder die Behörden, noch der Arbeitgeber waren vom Copiloten selbst oder von einer anderen Person, zum Beispiel einem Arzt, Kollegen oder einem Familienangehörigen informiert worden“, heißt es in dem Bericht. Den Ermittlern zufolge gibt es auch Hinweise darauf, dass der Co-Pilot Probleme mit seinem Sehvermögen hatte und möglicherweise fürchtete, deswegen seinen Job zu verlieren. Auf Empfehlungen für Veränderungen an verschlossenen Cockpit-Türen verzichtet die Untersuchungsbehörde. Die Türen seien wegen der Gefahr einer terroristischen Bedrohung gesichert, sagte BEA-Chef Rémi Jouty. Viele Fluglinien haben inzwischen eine Regelung eingeführt, nach der stets eine zweite Person im Cockpit sein muss. Diese zweite Person sollte aus Vertrauensgründen zuvor ausgewählt werden, sagte Jouty.

Französische Ermittler erheben Vorwürfe gegen Lufthansa

Der Abschlussbericht zeigt nach Ansicht des Anwalts der Opfer deutliche Mängel auf bei der Auswahl, der Einstellung und der Überwachung des verantwortlichen Co-Piloten. „Der Lufthansa-Konzern hat einen psychisch krankhaft vorbelasteten Pilotenanwärter eingestellt und ausgebildet, ein Fehler mit schrecklichen Folgen“, kritisierte Anwalt Christof Wellens am Sonntag. Außerdem sei der Mann trotz einer eingeschränkten Flugerlaubnis wegen seiner Vorerkrankung nicht mehr psychiatrisch untersucht worden. Schon am Samstag hatte die BEA Angehörige auf Veranstaltungen in Bonn und Barcelona über die Ergebnisse ihrer Untersuchung informiert.

Am 23. März werden die Angehörigen in Marseille der Toten gedenken

Der Absturz in den französischen Alpen, wo die Maschine gegen einen Berg geschellt war, hatte international für Entsetzen gesorgt. Am 23. März werden die Angehörigen bei einer Zeremonie in Marseille der Toten gedenken, bevor sie am Jahrestag in die Nähe der Absturzstelle gefahren werden. (AFP,dpa,rtr)

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