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Berlin nimmt Abschied: Party für Harry Potter

Fanklubmitglieder aus ganz Deutschland feierten in Berlin die Mitternachtspremiere des letzten Kinofilms. An ihrer eigenen Online-Zauberschule geht das magische Leben weiter.

Kurz nach zwei Uhr früh kam Saskia Preissner, die 25-jährige Gründerin des Harry-Potter-Fanklubs aus Berlin, am Mittwoch zufrieden aus dem Kino: „Besser als erwartet“ fand sie den achten und letzten Film nach den Romanen von Joanne K. Rowling. Eigentlich hatte Saskia damit gerechnet, dass sich „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes – Teil 2“ nur als atemloser Action-Reigen erweisen würde.

Doch neben dem großen Showdown zwischen dem Zauberschüler und dem finsteren Lord Voldemort gab es zur Freude der Fans auch leise Zwischentöne und hintergründige Szenen. An ein paar Stellen konnten die Besucher der Mitternachtspremiere im Cinestar im Sony-Center sogar noch einmal lachen – so wie es einst bei den unbeschwerteren ersten Filmen der Reihe üblich gewesen war.

Zum Finale der Fantasy-Saga hatten Fans noch einmal alles gegeben. Bereits am Montagabend und Dienstagmorgen hatten zwei Berliner Kinos Marathonvorführungen aller acht Filme gestartet, die inklusive Pausen bis zu 27 Stunden dauerten. Der seit elf Jahren bestehende Fanklub feierte seine Party dagegen erst in der Nacht zu Mittwoch – dafür aber besonders stimmungsvoll mit aufwändigen Kostümen und einer „Fan-Fiction“-Lesung aus dem inoffiziellen Band acht, den Saskia und andere Klubmitglieder gerade als Fortsetzung der Reihe schreiben. Aus ganz Deutschland waren rund 50 der weltweit etwa 100 000 Mitglieder gekommen, die im Netz unter www.hp-fc.de ein virtuelles Zauberinternat Hogwarts am Laufen halten.

Dass sich nicht nur junge Leute für die magische Welt begeistern, bewies der 56-jährige Bibliothekar Reinhard Menken, der eigens aus Bochum angereist war. Er ist seit drei Jahren im Klub aktiv und Chefredakteur des auf der Webseite veröffentlichten „Tagespropheten“. Obwohl Menken auch andere Fantasy-Werke wie Tolkiens „Herrn der Ringe“ schätzt, bleibt Harry Potter für ihn etwas Besonderes: „Der Reiz liegt darin, dass alles eigentlich in unserer Welt spielt – nur dass es eben Zauberer gibt.“ Nicht nur Menken zeigte sich überzeugt davon, dass der Fanclub durch das abwechslungsreiche Online-Schulleben und das Gemeinschaftsgefühl anziehend bleiben wird.

Silke Rohlfs aus Mönchengladbach betonte, es gehe gar nicht immer nur um Spaß. Die 31-jährige Köchin ist seit 2004 im Club und Lehrerin für „Eulenkunde“. Darüber hinaus gebe es aber auch Mathematikunterricht und Computerschulungen – und damit Hilfe für junge Mitglieder, die Probleme an ihrer echten Schule haben. Am clubeigenen Hogwarts „lernt man auch für die Realität“, fand Rohlfs, die bald Mutter wird. Vielleicht auch deshalb reiche das Alter der Mitglieder „von acht bis über 60 Jahre“.

Wie der Held bei den Fans weiterlebt, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Zum zweiten Mal war Doreen Kuhn aus Erfurt für eine Fanklub-Party nach Berlin gefahren, unter dem Namen „Moonbunny“ ist sie den Mitgliedern als gewählte Vertrauensschülerin des Hogwarts-Hauses Hufflepuff bekannt. „Ich bin traurig, weil es keine Bücher und Filme mehr geben wird“, sagte die 29-jährige Studentin. Ein Trost sei aber, dass Joanne K. Rowling bald das Internetportal „www.pottermore.com“ öffnen will. Auch dort sollen Fans die Zauberschule besuchen können, zudem will Rowling sie mit bisher unveröffentlichten Buchkapiteln bei der Stange halten.

Der Fanroman von Saskia Preissner und ihren Mitautoren hat bislang 26 Kapitel, was etwa der Hälfte der geplanten Länge entspricht. Während der Party stellte sich heraus, dass es offenbar schon einen interessierten Verlag gibt. So berichtete es jedenfalls ein Klubmitglied, das in Kontakt zu einem Verleger steht. Band acht heißt „Albus“ und trägt damit den Namen von Harry Potters Sohn, der kurz im Epilog von Band sieben vorkam.

Die Fans setzen die Handlung ab dem Moment fort, wo die Kinder der Romanhelden zu ihrem ersten Jahr in Hogwarts aufbrechen. Der böse Voldemort steht nicht wieder von den Toten auf, dafür macht ein mysteriöses Wasservolk den Zauberern und Muggeln das Leben schwer. Bisher können nur Klubmitglieder die vorliegenden Kapitel lesen. Das ist vielleicht auch gut so, denn gegen die Verwendung markengeschützter Namen aus der Harry-Potter-Welt geht vor allem das Filmstudio Warner Brothers immer wieder rechtlich vor.

Unfreiwillig komisch finden die Fans übrigens den Epilog am Filmende, der 19 Jahre nach der Schlacht um Hogwarts spielt. Dennoch sähen die Hauptpersonen  noch fast genauso jung wie vorher aus, wird  im Onlineforum des Klubs gelästert.

Die deutschen Kinobetreiber freuen sich natürlich über den Blockbuster. Cinestar-Geschäftsführer Oliver Fock zeigte sich am Mittwochnachmittag „sehr zufrieden“ mit den Vorverkäufen: „ Es ist bereits eine Harry Potter-Mania ausgebrochen.“ Ausverkaufte Vorführungen werde es dennoch nur vereinzelt geben, da sich die Kinos mit einer Vielzahl von Aufführungsterminen auf den Ansturm vorbereitet hätten. Im Sony-Center waren schon bei der Mitternachtspremiere einige Reihen frei geblieben.

Dieses Phänomen ließ sich in den vorigen zehn Jahren  aber auch beim Start der vorherigen Harry-Potter-Filme beobachten – und die Kinobetreiber sehen einen naheliegenden Grund: Um Mitternacht müssten Eltern ihre minderjährigen Kinder begleiten und dafür lange aufbleiben. Erfahrungsgemäß werden die Karten erst an den folgenden Tagen für Vorstellungen am frühen Abend knapp.

Und was bleibt Fantasy-Fans künftig im Kino? Zum Beispiel „Der Hobbit“, das Prequel zum „Herrn der Ringe“. Ende 2012 und 2013 will Regisseur Peter Jackson die zweiteilige  Verfilmung auf die Leinwände bringen. In zwei Teilen geht auch Stephenie Meyers Vampirserie „Twilight“ weiter: Für die erste Hälfte von „Breaking Dawn – Bis(s) zum Ende der Nacht" ist der Filmstart im November geplant. Für Mitte 2012 wird „Tintenblut“ – die Fortsetzung von Cornelia Funkes „Tintenherz“ – in den Kinos erwartet. Und auch eine Verfilmung der „Artemis Fowl“-Romane von Eoin Colfer rückt angeblich näher, auch wenn es noch keine Termine gibt. Die Bücher um einen hochintelligenten jungen Meisterdieb, in der auch Elfen und Kobolde auftreten, sind für Fanclubgründerin Saskia Preissner schon längst das Beste, was es neben Harry Potter gibt.

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