Panorama: „Bestattungsrückstand“
Kölner Uniklinik verliert Überblick über Leichen.
Köln - Nachdem die Universität Köln den Überblick über die Leichen am anatomischen Institut verloren hatte, kündigte ein Sprecher am Donnerstag bedingungslose Aufklärung an. „Wir nehmen uns dieser Sache hundertprozentig an und werden alles tun, um einen würdevollen Umgang mit den Toten zu garantieren“, sagte Thomas Krieg, Dekan der Medizinischen Fakultät. Am Mittwoch hatte die Universität mitgeteilt, dass es einen „Bestattungsrückstand“ gebe.
Mit ihrer Erklärung reagierte die Universität auf Berichte über haarsträubende Zustände im Anatomischen Institut. Dort stapeln sich angeblich die Leichen. „Mindestens 80 Leichen sind dort aufgelaufen, kein Mensch weiß genau, was wir da alles in den Schränken haben", zitierte „Spiegel Online“ einen Arzt.
In mindestens 80 Fällen sollen Leichen, die dem anatomischen Institut zu Lehrzwecken zu Verfügung gestellt wurden, nicht oder zu spät bestattet worden sein. In mindestens drei Fällen konnte die genaue Identität der Toten laut Mitteilung bisher nicht festgestellt werden. „Unzureichende Administration“ soll der Universität zufolge die Zuordnung der Leichen erschweren. Die Unregelmäßigkeiten seien schon im vergangenen Herbst aufgefallen. Inzwischen seien die meisten Leichen aber ordnungsgemäß bestattet worden, hieß es von Seiten der Universität.
Die Zustände im Leichenkeller sollen aufgeflogen sein, als der bisherige Institutsleiter in den Ruhestand ging und sein Nachfolger entsetzt vor dem Chaos stand.
Patrick Honecker, Pressesprecher der Universität Köln, zeigte sich zuversichtlich, alle Leichen noch identifizieren zu können: „Wir sind jetzt schon sehr weit“, sagte Honecker über die Sichtung der Unterlagen. Verstöße bei der Behandlung der Körperspenden würden zudem auch disziplinarisch geprüft. Die Staatsanwaltschaft sieht den Straftatbestand der „Störung der Totenruhe“ und der „Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener“ nicht als gegeben.
Normalerweise werden Leichen, die als Anschauungsmaterial gedient haben, anschließend bestattet. Häufig organisieren die angehenden Mediziner eigens eine Trauerfeier, um von dem Spender Abschied zu nehmen. dpa