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Betrug mit Medikamenten: Apotheken handelten mit nicht zugelassenen Krebsmitteln

Bundesweit haben offenbar rund 100 Apotheken und zwei Pharmahändler in Deutschland nicht zugelassene Krebsmittel auf den Markt gebracht. Durch den Betrug soll ein Schaden von mehreren Millionen Euro entstanden sein.

Die Staatsanwaltschaft Mannheim ermittelt wegen des Verdachts des Betrugs, der Beihilfe zum Betrug und des Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz. Anfang September wurden 66 Wohnungen, Büros und Geschäftsräume in mehreren Bundesländern und der Schweiz durchsucht. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ist den gesetzlichen Krankenkassen ein Schaden von mehreren Millionen Euro entstanden, da die Apotheker die billiger erworbenen Arzneimittel zu den höheren deutschen Preisen abrechneten.

"Wir haben im Sommer zusammen mit der AOK Niedersachsen eine Strafanzeige gestellt", sagte der Sprecher der Techniker Krankenkasse (TK), Hermann Bärenfänger. Eine gemeinsame Ermittlungsgruppe habe zuvor Unauffälligkeiten bei den Abrechnungen einiger Apotheker entdeckt. Diese hätten Medikamente, meist in der Krebstherapie verwendete Zytostatika, die in Deutschland und Europa nicht zugelassen sind, importiert und weiterverarbeitet. Nach der Verarbeitung könnte dann niemand mehr nachvollziehen, welche Mittel tatsächlich verwendet wurden. Zudem sollen die Betrüger nach Informationen des "Hamburger Abendblatts" mitunter Beipackzettel ausgetauscht und Beschriftungen manipuliert haben.

Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg wertet nach eigenen Angaben zurzeit die bei den Durchsuchungen beschlagnahmten Unterlagen aus und überprüft die Medikamente. Nach bisherigen Erkenntnissen sollen im Wesentlichen zwei Hauptbeschuldigte den Vertrieb an deutsche Apotheker organisiert haben.

Im Ausland billiger

Bärenfänger zufolge sind die Medikamente im Ausland deutlich billiger als in Deutschland. Es gebe im Bundesgebiet nur rund 300 Apotheken, die über die Möglichkeit verfügten, Zytostatika zu verarbeiten. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft sind möglicherweise auch Arzneimittel ohne ausreichenden Wirkstoffgehalt an Patienten verabreicht worden. Zudem soll es sich zum Teil um verunreinigte Präparate gehandelt haben, die in Deutschland nie eine Zulassung erhalten hätten. In den Vertrieb der Arzneimittel sind offenbar Firmen von der britischen Insel Isle of Man und aus Dänemark involviert.

"Aufgrund der Vorkommnisse fordern wir, dass die Apotheker angeben müssen, welche Medikamente sie bei der Zubereitung des letztendlichen Krebsmittels verwendet haben", erklärte Bärenfänger. Bisher müssten sie nur über eine einheitliche Nummer für alle Zytostatika abrechnen. Dadurch sei ein Betrug relativ einfach, weil nicht erkennbar sei, woher die eingesetzten Mittel stammten und wie sie zusammengesetzt seien.

"Der Arzt hat die Verantwortung für die Therapie des Krebspatienten", sagte der Generalsekretär der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG), Johannes Bruns. Unter medizinischen Aspekten sei es schlimm, wenn der Arzt nicht wisse, was der Apotheker in die Präparate tue. Schließlich habe der Apotheker keine Entscheidungsfunktion inne. (mit ddp)

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