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Die Gemeinde Tuningen geht bei der Straßenbeleuchtung neue Wege.

© dpa

Bewegungsmelder in Tuningen: Der virtuelle Blockwart ist da

Die Schwarzwald-Gemeinde Tuningen erhellt Straßen komplett mit Bewegungsmeldern. Dadurch spart die Gemeinde 82 Prozent der Stromkosten, und seine Bewohner gewinnen an Helligkeit und Sicherheit. Dazu eine Glosse.

Eine Glosse von Lars von Törne

Irgendwie war sie fällig, die kleine Ode an den Bewegungsmelder. Ist es nicht immer wieder ein richtiges Wunder, wie uns diese Geräte gedankenschnell den langen Hotelflur erleuchten oder auch nur die Kaffeeküche im Büro? Wie sie im dunklen Garten aus dem liebestrunkenen Igel eine Einbrecherbande machen und den verirrten Falter an den Sicherheitsdienst verpetzen? Sogar in die metaphorische Ebene sind sie schon vorgedrungen: Die Bewegungsmelder-Website gehört einer Hamburger Initiative „für linke Subkultur und Politik“.

Man könnte also durchaus davon sprechen, dass der Bewegungsmelder, ein erschwinglicher Baumarktartikel, eine Art NSA für Arme darstellt, nicht so weit ausgreifend, auch nicht so genau, aber doch gut, um Gefahrbewusstsein zu wecken. Und, natürlich, um Energie zu sparen, weil der Hotelflur sonst die ganze Nacht illuminiert wäre.

Auftritt: Tuningen im Schwarzwald. Wer sich das jetzt merkt, der kann seinen Enkeln und Urenkeln eines Tages genau erzählen, wie es einst anfing mit der vom Bewegungsmelder gesteuerten Straßenbeleuchtung. Nicht wahr: Es ist vollkommen sinnlos, Licht wahllos fluten zu lassen über Boulevards und Gassen, egal, ob es nötig ist oder nicht. Tuningen dreht seine 400 Straßenlaternen nun also auf Sparflamme, außer, wenn einer kommt. Dann setzen Bewegungsmelder ihn als virtuelle Blockwarte, bing, sofort ins helle LED-Licht. Wer nun sagt, hui, da grusele ich mich aber, der hat zu kurz gedacht. Denn wenn es dunkel ist, dann kann in diesem Dunkel überhaupt kein Ganove auf Opfer warten, denn ihn würden die Laternen ja ebenfalls weit voraus melden.

Wir haben es also mit einer sogenannten Win-Win-Situation zu tun. Tuningen spart 82 Prozent der Stromkosten, und seine Bewohner gewinnen an Helligkeit und Sicherheit. Allerdings, das ist klar, geht das nur mit Hilfe des scheußlich kaltkranken LED-Lichts, das seine Umgebung immer so angenehm wirken lässt wie einen Operationssaal, und das ohne Narkose.

Deshalb ist die künftige Konfliktlinie auch klar. Es geht gegen die Freunde des getönten Gaslichts, die ihre Städte gern nostalgisch mögen und nicht von zackig herumblinkenden Scheinwerfern ausgeleuchtet. Der nächtliche Flaneur will in seinem Wehen und Wandern nicht verfolgt werden, man kann das verstehen. Aber das war gestern. Tuningen ist heute – und morgen hat die halbe Welt solche Laternen. Wir können nichts mehr dagegen tun.

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