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Birma: Zahl der Zyklon-Opfer steigt weiter

Zehn Tage nach dem Zyklon "Nargis" ist die Zahl der Todesopfer in Birma auf über 34.000 gestiegen. Mehr als 27.000 Menschen werden Medienberichten zufolge noch vermisst. Unterdessen fordern die Vereinten Nationen eine Luftbrücke nach Birma. Einige Politiker denken gar über ein militärisches Eingreifen nach.

Mehr als eine Woche nach dem verheerenden Zyklon in Birma dringen Hilfsorganisationen mit einheimischen Mitarbeitern allmählich in die entlegenen Regionen des Katastrophengebietes vor. Zu einem Zentrum für die Einsätze entwickelt sich die schwer zerstörte Hafenstadt La Butta, wo der Malteser Hilfsdienst in einem verlassenen Haus inzwischen Behelfskliniken eingerichtet hat. Deutschland wird die Hilfe für die Opfer der Wirbelsturm-Katastrophe nach Angaben des Staatsministers im Auswärtigen Amt, Günter Gloser (SPD), von zwei auf vier Millionen Euro verdoppeln. Die britische Königin Elizabeth II. unterstützt mit einer "bedeutenden" privaten Spende die Hilfsoperationen. Eine Summe wurde aber nicht genannt.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind im Katastrophengebiet die ersten Ruhr-Fälle aufgetreten. Cholera sei dagegen noch nicht ausgebrochen. "Wir arbeiten eng mit dem birmanischen Gesundheitsministerium zusammen", teilte der Regionaldirektor für Südostasien, Samlee Plianbangchang, mit. "Die Lage in La Butta ist sehr, sehr dramatisch", sagte Birke Herzbruch von Malteser International. Durchfallerkrankungen seien ein großes Problem. Die Menschen hätten die ganze Woche nur aus Brunnen trinken können, in denen das Wasser durch die Flutwelle versalzen war. Heftige Niederschläge erschweren die Situation.

Ausländische Helfer bleiben unerwünscht

Die Staatspresse als Sprachrohr der Militärjunta machte noch einmal deutlich, dass ausländische Helfer im Land nicht erwünscht sind. Die Verteilung der Hilfe im Land übernehme das Militär, sofern die Spender keine einheimischen Mitarbeiter im Land haben, hieß es. Das Rote Kreuz kann in den verwüsteten Gebieten etwa 20.000 Familien pro Tag mit ersten Hilfsgütern unterstützen. "Wir bringen ihnen das, was sie am meisten brauchen, Nahrungsmittel, Zeltplanen, Moskitonetze, Kochsets oder Kleidung", berichtete Rot-Kreuz-Mitarbeiter Bernd Schell. "Und wir versuchen, uns jeden Tag um etwa 30 Prozent zu steigern", sagte Schell. Er rechne damit, dass etwa eine Million Menschen dringend Hilfe benötigen.

Viele Rot-Kreuz-Helfer sind durch den Zyklon obdachlos geworden und leisten trotzdem unermüdlich Hilfe, berichtete Bridget Gardner vom Internationalen Roten Kreuz in Genf nach ihrer Rückkehr aus La Butta. Die Mitarbeiter verdienten besonderes Lob, meinte Gardner. "Jeweils vier oder fünf Helfer kümmern sich pro Tag um bis zu 200 Menschen. Und sie haben kein Heim mehr, in dem sie sich nach ihrer schweren Arbeit ausruhen könnten." Ärzte ohne Grenzen ist dazu übergegangen, an Ort und Stelle neue Mitarbeiter anzuheuern. Sie sollen helfen, die eingetroffenen Hilfsgüter per Lastwagen zu den Bedürftigen zu bringen.

Vereinten Nationen fordern Luftbrücke

Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) hofft, dass es dem UN-Sicherheitsrat gelingt, die Militärherrscher zur Öffnung des Landes für internationale Helfer zu bewegen. "Ich hoffe vor allem, dass der UN-Sicherheitsrat auch seine Verantwortung zum Schutz der Menschen wahrnimmt", sagte sie in Brüssel am Rande eines Krisentreffens des EU-Ministerrates über die Lage in Birma.

Zur Versorgung der Wirbelsturmopfer in Birma haben die Vereinten Nationen die Einrichtung einer Luftbrücke gefordert. Um "so schnell wie möglich große Mengen an Hilfen" in das Land leiten zu können, sei ein Korridor auf dem Luft- oder Seeweg erforderlich, sagte die  Sprecherin des UN-Büros für die Koordination humanitärer  Angelegenheiten (OCHA), Elisabeth Byrs. Ansonsten drohe eine "zweite Katastrophe".

Militärisches Eingreifen in Birma notwendig?

Zur Vermeidung dieser Katastrophe halten Abgeordnete von SPD und Linken ein militärisches Eingreifen in Birma für nötig, falls das dortige Regime Hilfe für die Bevölkerung dauerhaft verweigert. Der SPD-Außenexperte Gert Weisskirchen sagte auf die Frage, ob es wie 1999 im Kosovo zum Einmarsch von Staaten ohne Einigung im UN-Sicherheitsrat kommen könnte: "Wenn diese Angst und Sorge und Nöte der Menschen, die man jetzt erkennen kann, anhalten würde, müsste man, denke ich, zu solchen Überlegungen kommen." Er räumte allerdings ein, dass dies "völkerrechtlich umstritten wäre".

Linke-Fraktionsvize Wolfgang Neskovic sagte dem "Tagesspiegel": "Es gibt einen übergesetzlichen Notstand, der militärisches Einschreiten rechtfertigen würde. Zur Not auch ohne Sicherheitsratsbeschluss." Es ginge nicht um eine militärische Intervention oder die Beseitigung des Regimes. "Es geht hier um schlichte humanitäre Hilfe, darum, das Überleben der Menschen nach einer Naturkatastrophe sicherzustellen." Das Militär würde sicherstellen, dass Hilfsgüter weiter verteilt werden können. "Man kann die Menschen nicht im Stich lassen." (ck/dpa/AFP)

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