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Panorama: Boden unter den Füßen

Die Schauspielerin Ursula Carven hat einen schweren Schicksalsschlag überwunden – mit Yoga

Manchmal können auch Stimmen strahlen. Bei Ursula Karven ist es so. Wenn sie spricht, sprudeln die Gedanken mit einer Begeisterung aus ihr heraus, die ansteckend ist. Man spürt, dass sie hinter dem steht, was sie sagt, und auch, dass sie dafür einen weiten Weg gehen musste. Aber daraus macht die 39-jährige Schauspielerin gar kein Hehl. Vor gut zwei Jahren ist ihr Sohn Daniel im Schwimmbecken des US-Musikers Tommy Lee ertrunken. Es sollte ein fröhlicher Kindergeburtstag werden, doch es wurde der Tag, der Ursula Karven den Boden unter den Füßen wegriss und ihr Leben für lange Zeit sinnlos erscheinen ließ.

In ihrem neu herausgekommenen Buch „Yoga für die Seele" beschreibt sie die letzten Tage ihres „alten Lebens", erzählt, wie glücklich sie war über ihre zwei gesunden Söhne Christopher und Daniel, ihre Ehe, einen neuen Auftrag und die Aussicht, bald wieder in Europa zu wohnen. Berlin war anvisiert. Für sie sollte dadurch ein Traum in Erfüllung gehen: Ihre Arbeit und ihr Zuhause würden dann nicht mehr durch den großen Teich getrennt sein. Ihr Mann, der amerikanische Filmproduzent James Veres, war bereit, für sie sein Leben umzukrempeln und ihr nach Deutschland zu folgen. Lange Zeit war sie diejenige gewesen, die hin und her fliegen musste. Doch dann kam alles anders. Ein Telefonanruf warf alle Pläne über den Haufen, ließ keinen Platz für Gedanken an die Zukunft.

Die Blockade lösen

Wenn ihr eines klar wurde in dieser traurigen Zeit, dann, dass man Glück nicht festhalten kann, dass das Leben nicht gerecht ist und dass man versuchen muss, im Hier und Jetzt zu leben. Die zierliche blonde Frau sagt das ohne Verbitterung. Sie spricht Tatsachen aus, von denen sie damals überrumpelt wurde, von denen sie heute überzeugt ist. „Ich habe mein Herz noch mehr geöffnet. Das war eine interessante Erfahrung zu sehen: Ich kann nicht anders weiterleben. Ich muss mich noch weiter öffnen." Nach dem Schicksalsschlag vergrub sie sich einige Wochen zu Hause. Jeglicher Antrieb, jegliche Motivation waren erloschen. Erst als sie in die Augen ihres älteren Sohnes Christopher blickte und realisierte, dass er sich um sie sorgte, war ihr klar, dass sie etwas tun musste. Sie ging in die nächste Yoga-Klasse in Malibu. Die Frauen dort hatten von dem tragischen Ereignis gelesen. Ursula Karven liefen die Tränen über die Wangen, während sie die Übungen machte, doch keine störte sich daran. Für sie war es der erste Schritt in ihr neues Leben, wie sie rückblickend feststellt: „Durch Yoga habe ich den Willen und die Energie gefunden, weiterzumachen." Auch heute hilft ihr die fernöstliche Kombination aus Dynamik und Harmonie, ihre Seele ins Gleichgewicht zu bringen. „Man kann Yoga so wunderbar von der Matte weg ins Leben transportieren. Wenn man sich auf die Atmung konzentriert und gleichzeitig die Übungen macht, dann ist kein Platz mehr da, um über Jogurtkaufen nachzudenken." Wenn die Schauspielerin, die drei Monate nach dem Tod ihres Kindes mit Peter Lohmeyer für „Vater braucht eine Frau" wieder vor der Kamera stand, von Yoga spricht, meint sie „Power Yoga“ – eine Kombination von körperlicher Fitness und innerer Balance. „Denn", so erzählt sie, „mit Power Yoga erreicht man die Pulsfrequenz eines Joggers". Mit fremden Leuten Mantra singend Harmonie zu empfinden, war nie ihr Ding. Sie lacht, wenn sie das sagt, und wirkt gleichzeitig resolut. So sehr sie die Ereignisse auch aus der Bahn geworfen haben, ist sie doch kämpferisch und ambitioniert. Solange es Sinn macht.

Bei dem Prozess gegen Tommy Lee merkte sie, dass im Kampf keine Antwort steckt. Der Ex-Ehemann von Pamela Anderson wurde von dem Vorwurf freigesprochen, durch Fahrlässigkeit den Tod des kleinen Daniel im Swimmingpool seines Hauses verschuldet zu haben. Nach dem einstimmigen Urteil der zwölf Geschworenen war der tragische Tod im Juni 2001 ein Unfall.

Ursula Karven spricht nicht gerne über diese Zeit. Nur so viel, dass es wichtig war, um abschließen zu können, um rauszufinden, was an diesem Tag wirklich geschah. Denn wie hätte sie es sonst erfahren? „Die meisten Leute wollten mir die Einzelheiten doch ersparen." Die Prozesstage kamen ihr vor wie eine Theateraufführung. Zum einen, weil das Geschehene so unfassbar war, zum anderen, weil sie ein Geheimnis in sich trug. Etwas Neues in ihrem Leben war bereits entstanden. Am 15. September kam das Geheimnis ans Tageslicht – Liam Taj war geboren. Sein Name bedeutet auf Indisch „Die Weisheit Gottes". Und spätestens seitdem merkt Ursula Karven, dass neues Leben neue Energie und neues Glück bringt.

Wobei sie den alten Schmerz nie vergessen wird, kann oder will. „Auch im Yoga kommt man ständig an Grenzen, wo Schmerz ist und man nicht weiterkommt. Wir alle haben die. Wenn man sich dann ein bisschen zurücknimmt und tief durchatmet – dann löst sich die Blockade."

Im kommenden Jahr wird für Ursula Karven aber auch die Schauspielerei wieder mehr im Mittelpunkt stehen. Zwei Projekte stehen an. Ein Thriller und eine Familiengeschichte für die ARD. Privat ist der Umzug nach Europa geplant. Ob sie sich auf Mallorca oder in Deutschland niederlassen wird, muss sie mit ihrem Mann noch verhandeln. Sie selbst zieht es zurück nach Deutschland.

Julia Rehder

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