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Brand Ludwigshafen

© dpa

Brandkatastrophe: Das Feuer verbreitete sich rasend schnell

Neun Türken sterben bei Großbrand in Ludwigshafen. Ministerpräsident Kurt Beck schließt einen fremdenfeindlichen Hintergrund aus.

Von Frank Jansen

Es ist die schlimmste Brandkatastrophe nicht nur in Ludwigshafen, sondern in ganz Rheinland-Pfalz seit dem Krieg. Neun Türken, darunter eine schwangere Frau und fünf Kinder sowie Jugendliche, kamen am Sonntag ums Leben, als in einem Eckhaus in der Innenstadt ein Feuer das Gebäude zerstörte. Die Ursache sei unklar, sagten am Montag Polizei und Feuerwehr. Vom technischen Defekt über einen Unfall bis zur Brandstiftung sei alles möglich. Ein gerettetes Kind habe von einem „lauten Knall“ gesprochen, sagte der Notarzt Albrecht Reinecke. Mehrere Überlebende hätten eine „Gasexplosion oder eine andere Explosion“ gehört, berichtete der Vizevorsitzende der Türkischen Gemeinde Rheinland-Pfalz, Bayram Türkoglu, dem Tagesspiegel. Er hoffe, „dass es kein rassistischer Anschlag war“. In dem Haus lebten drei türkische Familien, im Erdgeschoss befand sich das Lokal eines türkischen Kulturvereins.

Hinweise auf einen fremdenfeindlichen Hintergrund gebe es bei dem Brand nicht, betonte Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), der am Montag den Unglücksort aufsuchte. Beck hatte die Teilnahme am Rosenmontagszug in Mainz abgesagt. Die Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen, Eva Lohse (CDU), erklärte die Fastnacht in ihrer Stadt für beendet. Lohse war am Sonntag zur Brandstätte geeilt. „Das waren unglaublich schreckliche Bilder“, sagte die Oberbürgermeisterin am Montag. „Meterhohe Flammen“ seien aus dem Haus geschlagen.

Erst eine Viertelstunde vor Ausbruch des Feuers hatte der Fastnachtsumzug das Haus am Danziger Platz passiert. In dem viergeschossigen Gebäude hielten sich etwa 60 Menschen auf, darunter viele Kinder, die Fastnacht feierten. Um 16 Uhr 23 ging bei der Feuerwehr der erste Notruf ein. Da Polizei und Feuerwehr den Umzug begleitet hatten, erreichten sie rasch die Brandstelle. Doch die meisten Bewohner waren schon vom Feuer eingeschlossen, das sich rasend schnell in dem etwa 100 Jahre alten Gebäude über das hölzerne Treppenhaus ausbreitete. Erwachsene warfen zwei kleine Kinder aus den Fenstern, Polizisten fingen sie auf. Mehrere Bewohner sprangen hinterher. Dabei erlitt eine Frau tödliche Verletzungen.

In dem Chaos gelang es den Rettungskräften, zwei Kinder aus einer Wohnung zu holen, die schon in Flammen stand. Insgesamt 500 Feuerwehrleute und Polizisten waren im Einsatz. 60 Menschen wurden verletzt, unter ihnen elf Polizisten und ein Feuerwehrmann. Am späten Sonntagabend rissen Bagger vor dem einsturzgefährdeten Haus, in dem mehrmals Brände aufflackerten, die Straße auf und legten gefährdete Gasleitungen frei, die abgeklemmt wurden.

Das Polizeipräsidium Rheinpfalz habe zur Aufklärung des Geschehens eine „Besondere Aufbauorganisation“ mit etwa 30 Beamten gebildet, sagte die Sprecherin der Behörde. Sie dementierte Meldungen, wonach der Brand im ersten Obergeschoss ausgebrochen sein soll. „Es kann auch der Keller oder das Erdgeschoss gewesen sein“, sagte die Sprecherin. Jedenfalls haben sich das Feuer von unten nach oben durch das Treppenhaus ausgebreitet.

Die Stadt richtete am Montag ein Spendenkonto für die überlebenden Brandopfer und die Angehörigen der Toten und Verletzten ein. Das Land und die Kommune hätten schon je 5000 Euro überwiesen, sagte Oberbürgermeisterin Lohse. Es gebe in Ludwigshafen eine „Welle des Mitgefühls“.

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