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Brennende Fähre: Schwimmendes Trümmerfeld auf der Ostsee

Die Fähre "Lisco Gloria" ist auf der Ostsee ausgebrannt. Ein Teil der Bordwand ist geschmolzen, aber die Tanks mit den 250 Tonnen Diesel sind unversehrt geblieben. Angeblich soll die Fähre immer noch fähig sein zu manövrieren.

Die Flammen sind erloschen, die „Lisco Gloria“ liegt ruhig vor Anker: Eineinhalb Tage nach Ausbruch des Infernos auf der Ostseefähre ist das Schlimmste überstanden. 249 Menschen wurden von Bord gerettet; 28 Menschen kamen mit meist leichten Verletzungen davon. Am Sonntag waren am Schiff keine Flammen mehr zu sehen, noch steigt am Vorder- und Achterschiff schwarzer Rauch auf. Doch die gewaltige Hitze verhindert, dass Spezialisten das schwimmende Wrack untersuchen können. Mehrere Lösch- und Ölbekämpfungsschiffe des dänischen Seerettungsdienstes halten sich in unmittelbarer Nähe der ausgebrannten Fähre auf und kontrollieren anhand von Wärmebildkameraaufnahmen die Lage rund um den Schiffsrumpf. Diese hat sich entspannt, weshalb auch die beiden deutschen Schadstoffbekämpfungsschiffe „Arkona“ und „Schaarhörn“ am Sonntagnachmittag Kurs auf ihre Heimathäfen genommen haben. Die Einsatzleitung liegt inzwischen in den Händen des dänischen Flottenkommandos.

Rauchschwaden und Qualmwolken steigen noch immer auf, zahlreiche Glutnester glimmen noch vor sich hin. Auf dem Oberdeck sind die zum großen Teil völlig verkohlten Lastwagen zu sehen. Die Aufbauten der Fähre und die Kabinen sind komplett zerstört. Erst jetzt bekommt man einen Eindruck, welchen Schaden das Flammenmeer auf hoher See angerichtet hat. Riesige Brandlöcher wie etwa an der Steuerbordaußenwand sind sichtbar. Offenbar ist die Wand hier glatt durchgeschmolzen. Die jetzt wenige Seemeilen vor Langeland ankernde „Lisco Gloria“ dürfte Beobachtungen zufolge aber noch manövrierfähig sein. Bislang ist kein Öl ausgetreten. Knapp 250 Tonnen Schweröl, Diesel und Maschinenöl lagern noch unter Deck. Ein Auseinanderbrechen des Schiffes oder ein Kentern erscheint Fachleuten zufolge unwahrscheinlich. Eine relativ gleichmäßige Ostsee, ein Umstand, der bereits die nächtliche Rettung wenige Kilometer vor der Insel Fehmarn begünstigte, kommt den Havarieexperten zugute. Weiterhin beschränkt man sich, die Außenhülle des Fährschiffes zu kühlen. Sobald alle Brandnester an Bord gänzlich unter Kontrolle sind, soll zunächst das Löschwasser abgepumpt werden.

Die in Kopenhagen beheimatete Reederei der DFDS hat sich entschieden, dass ein niederländisches Unternehmen die „Lisco Gloria“ in einen Hafen schleppen soll. Die Holländer haben dazu unter anderem die Schlepper „Asterix“ und „Fairplay 26“ gechartert. Die erst acht Jahre alte „Lisco Gloria“ dürfte nur noch Schrottwert haben. Der Motor und die offenbar unbeschädigten Tanks könnten allerdings ausgebaut werden.

Bei strahlendem Sonnenschein und besten Sichtverhältnissen haben sich viele Schaulustige an der Südspitze Langelands eingefunden, um das außergewöhnliche Spektakel vor der Küste zu verfolgen. Unterdessen befanden sich am Sonntagnachmittag noch zwei der insgesamt 28 Verletzten zur Beobachtung im Krankenhaus. Während viele der geretteten und nach Kiel gebrachten Passagiere und Crewmitglieder bereits am Samstagabend eine andere Fähre zur Fahrt in ihre meist baltische Heimat aufsuchten, wollten 70 Schiffbrüchige sich nicht noch einmal aufs Wasser begeben und zogen am Sonntag die Reise vom Flughafen Hamburg vor.

Nachdem die Polizei in Kiel Besatzung und Passagiere nach den Geschehnissen an Bord befragt hatte, scheint festzustehen, dass ein Defekt an einem Kühlaggregat eines Lkw den Brand ausgelöst hat. Das geht aus der Aussage eines Crewmitgliedes hervor, das es nicht mehr schaffte, den zunächst kleinen Brandherd selbst zu bekämpfen und deshalb Meldung an den Kapitän machte. Der löste sofort Alarm aus, weil sich das Feuer in rasender Geschwindigkeit ausbreitete. Entgegen der mit DFDS abgeglichenen Liste mit 236 Namen zählten die Retter 249 Menschen. Eine Vermutung der Polizei ist, dass einige Fernfahrer heimlich Prostituierte mit an Bord hatten.

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