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Panorama: Brioni begrüßt die Rezession

Mit dem Debüt des Italieners Roberto Menichetti als Designer für die Marke Cerruti haben am Sonntag die Mailänder Männerschauen Herbst/Winter 2002-03 begonnen. Menichetti hatte in den letzten Jahren die englische Traditionsmarke Burberry entstaubt und dadurch einen weltweiten Karo-Boom ausgelöst.

Mit dem Debüt des Italieners Roberto Menichetti als Designer für die Marke Cerruti haben am Sonntag die Mailänder Männerschauen Herbst/Winter 2002-03 begonnen. Menichetti hatte in den letzten Jahren die englische Traditionsmarke Burberry entstaubt und dadurch einen weltweiten Karo-Boom ausgelöst. In den 53 großen Laufstegshows bis zum Donnerstag hoffen die Fachjournalisten und Einkäufer auf Rezepte gegen die Tiefstimmung in der Luxus-Industrie. Die jetzt gezeigten Kollektionen sind zudem die ersten, die unter dem Eindruck des Terrors vom 11. September entstanden.

Traditionell gehört das größte Interesse wieder den Trendmarken Prada und Gucci sowie den Etablierten um Giorgio Armani und Versace. Erstmalig präsentiert sich auch der Amerikaner Ralph Lauren in Mailand. Er löst damit seinen Landsmann Calvin Klein ab, der sich nach mehreren Gastspielen dieses Mal für seine Heimatstadt New York entscheiden hat. Weltpremiere feiert die Herrenlinie von Strenesse Gabriele Strehle.

"Ich begrüße Rezessionen, denn in Rezessionen erkennt man den wahren Luxus", sagt Dr. Umberto Angeloni, Chef des römischen Edelschneiders Brioni. Diejenigen, die in den vergangenen Jahren durch günstige Zweitlinien praktisch Luxus mit Rabatt verkauft hätten, gerieten nun in Schwierigkeiten. Die am Sonntag in Florenz zu Ende gegangene Modemesse Pitti Immagine Uomo war bereits ein Stimmungstest. Welchen Stellenwert hat Kleidung in Zeiten der Rezession? Haben die Todespiloten des 11. September auch die Lust am Schönen zerstört? Die Antwort der blanken Zahlen fiel eindeutig aus. Deutlich mehr Einkäufer im Vergleich zum Vorjahr. Deutschland liegt mit 29 Prozent im Plus, Großbritannien mit 30. Den Einbruch um 15 Prozent auf Seiten der US-Amerikaner versehen die Veranstalter mit einem "nur" und werten dies bereits als Erfolg. Die Amerikaner befinden sich offensichtlich in einer Phase des Nachdenkens und geben ihr Geld zögerlicher aus als gewohnt. "Wir richten unseren Blick auf Europa", meinte Antonio Favrin, Geschäftsführer der italienischen Marzotto-Gruppe.

Doch nicht nur geographisch kommt es zu einigen Verschiebungen, der gesamte Markt entschlackt sich, meinen Insider. Die Zeiten, in denen schon der bekannte Name allein jeden Preis rechtfertigt, scheinen vorbei. Was zählt, ist Verarbeitung und Stoff. Statt dreier Anzüge kaufe der Mann lieber einen, den aber vom oberen Ende der Qualitätsskala, meint Umberto Angeloni. An der Spitze spüre man die Beben im Tal ohnehin nicht; wer stets einen schönen Mercedes gefahren habe, steige in der Rezession nicht auf einen Fiat um, das liege nicht in seiner DNA, sagt Angeloni ungerührt.

Er rechnet vor, dass es weltweit 7,2 Millionen Menschen gibt, die im Durchschnitt vier Millionen Dollar an Barvermögen zur Verfügung haben. Klientel, die aus reinem Vergnügen kaufen kann. Bei Brioni hängen pelzgefütterte Mäntel auf der Stange, die bis zu 20 000 Euro kosten. Selbst in New York kletterten in den Wochen nach den Anschlägen die Umsätze für solche Produkte. Und nicht nur dort. "Es klingt paradox, aber direkt nach dem 11. September haben wir in Deutschland so viel und so hochpreisig wie lange nicht verkauft", erinnert sich Ricky Moos, der Vertreter für den deutschsprachigen Raum. Auch bei Salvatore Ferragamo zeigte sich dieses Paradox des Luxus. "Wir hatten Einbrüche in den Urlaubsgebieten, etwa auf Hawaii und in Touristen-Hochburgen wie London oder Paris. Aber selbst in den USA gibt es Regionen, wo wir nach dem 11. September Umsatzzuwächse zu verzeichnen hatten", sagt Ferruccio Ferragamo.

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