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Panorama: Britische Ärzte wollen Gesicht transplantieren

Mehrheit der Mediziner lehnt Eingriff aus ethischen Gründen ab

Britische Chirurgen könnten innerhalb des nächsten Jahres das Gesicht eines Toten auf Patienten übertragen, die durch Unfall oder Krankheit so entstellt sind, dass die konventionelle plastische Chirurgie ihnen wenig helfen kann. Dies kündigte Professor John Butler bei der Jahreskonferenz seines Berufsverbandes in London an.

Der Arzt erklärte, dass Fortschritte bei den Drogen, die den Abstoßungsprozess nach der Übertragung fremden Gewebes unterdrücken, die Transplantation einer vollständigen menschlichen Gesichtshaut und sogar der darunter liegenden Muskulatur und Knochen möglich machen. Dies hätte gegenüber der bisherigen Methode erhebliche Vorteile. Bislang war es nur möglich, Hautstücke vom Rücken oder Oberschenkel der Patienten auf das zerstörte Gesicht zu verpflanzen.

Dieses Eigengewebe verringert zwar die Gefahr einer Immunreaktion, aber die ersetzte Haut bleibt unbeweglich und das rekonstruierte Gesicht hat einen maskenhaften Ausdruck. Wenn ein ganzes Gesicht transplantiert würde, hätte es ein natürliches Mienenspiel. Die Empfänger würden dann nicht unbedingt so aussehen wie die Spender, da sich das übertragene Gesicht den darunter liegenden Muskeln und Knochen anpasse.

Butler glaubt, dass neue Forschungen die Möglichkeit eröffnen, auf die Anti-Abstoßungsdrogen zu verzichten, die schwere Nebenwirkungen haben. Dies betrifft vor allem die Transplantation von Haut, die besonders starke Immunreaktionen hervorruft. Der Chirurg gilt als ein Pionier der „Immunosupression“, bei der durch die Technik der „Toleranzerhöhung“ die Annahme fremden Gewebes ohne Drogen verbessert wurde.

Sie wurde bereits bei Experimenten mit Schweinen am Transplantationstechnikzentrum in Massachusetts erfolgreich getestet. Butler gehört zu dem Team, dem es dort bereits vor acht Jahren gelang, ein „menschliches Ohr“ aus dem Rücken einer Maus wachsen zu lassen.

Ungeachtet der medizinischen Möglichkeiten regte Butler vor einer Gesichtstransplantation eines verstorbenen Spenders eine öffentliche Debatte über die ethischen und moralischen Probleme einer solchen Operation an. Eine erste Umfrage unter 120 Ärzten, Krankenschwestern und Laien ergab, dass eine große Mehrheit dies ablehnt.

Psychologen berichteten, dass Empfänger von gespendeten Organen oft erhebliche Identitäts-und Schuldprobleme bekommen. Diese Belastung würde noch wachsen, wenn jemand mit einem „fremden Gesicht“ herumliefe.

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