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Panorama: Charité kritisiert Krisenmanagement der Ehec-Forscher Ärztlicher Direktor rügt Robert-Koch-Institut

Offenbar erster Todesfall in Brandenburg

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Berlin - Das Berliner Universitätsklinikum Charité hat die Anstrengungen der Ehec-Forscher zur Bewältigung der Krise kritisiert. Der Ärztliche Direktor der Charité, Ulrich Frei, sagte dem Tagesspiegel, es mache ihn „unruhig“, dass der Ehec-Ausbruch seit Anfang Mai laufe, „wir aber außer den verdächtigen Gurken aus Spanien noch immer keinen Hinweis auf die originäre Erregerquelle haben“. Frei kritisierte die Arbeit des Berliner Robert-Koch-Instituts (RKI), das als Bundesinstitut für Infektionskrankheiten für die Bekämpfung des aggressiven Darmkeims zuständig ist. Die Charité habe erst in dieser Woche Fragebögen für die Ehec-Patienten erhalten. „Das reicht nicht. Man hätte die Patienten interviewen sollen.“ Es sei auch nicht erkennbar, was das Robert-Koch-Institut erarbeite. „Wir brauchen eine bessere Informationspolitik.“

Das Robert-Koch-Institut wies auf Anfrage die Vorwürfe zurück. Man habe nach dem Ausbruch von Ehec zügig gehandelt, sagte RKI-Sprecherin Susanne Glasmacher. Auch das Bundesgesundheitsministerium widersprach der Charité. Alle zuständigen Behörden hätten „sehr schnell“ gehandelt. Italienische Wissenschaftler widersprachen am Freitag aber der Gemüsethese des RKI. Ihre Tests hätten ergeben, dass kontaminiertes Gemüse nicht der Grund für die Infektionen sein könne, erklärte das EU-Referenzlabor für E-Coli-Bakterien in Rom.

Die „Lübecker Nachrichten“ meldeten unterdessen eine weitere heiße Spur: 17 Menschen seien erkrankt, nachdem sie Mitte Mai ein Lübecker Restaurant besucht hatten. „Die Lieferantenkette kann möglicherweise den entscheidenden Hinweis geben, wie der Erreger in Umlauf gekommen ist“, sagte ein Mikrobiologe des Universitätsklinikums Lübeck. RKI-Vertreter waren am Donnerstag bereits in Lübeck.

Der Ehec-Erreger breitet sich unterdessen von Deutschland aus weltweit aus. Insgesamt waren bis Donnerstag nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO Menschen in zwölf Ländern an Ehec erkrankt. 502 leiden an dem durch Ehec hervorgerufenen, besonders schwer verlaufenden hämolytisch-urämischen Syndrom (Hus), das akutes Nierenversagen verursachen kann. Neben Deutschland kommen die meisten Fälle aus Schweden, wo bislang 28 Ehec-Infektionen und 15 Hus-Patienten bekannt sind. In Schweden kam es auch zum ersten Todesfall außerhalb Deutschlands. Betroffen sind auch Dänemark, die Niederlande, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Tschechien, Norwegen, Österreich, die Schweiz und die USA. Bei allen Fällen außer einem waren Menschen betroffen, die aus Norddeutschland stammten oder dort waren, erklärte die WHO. Der eine Patient hatte mit einem Menschen aus Norddeutschland Kontakt.

Bundesweit werden bisher 19 Todesfälle mit dem Darmkeim in Verbindung gebracht. Am Freitag starb im Potsdamer Ernst-von-Bergmann-Klinikum möglicherweise auch der erste Patient in Brandenburg an einer Ehec-Infektion. Der Mittfünfziger litt aber unter schweren Vorerkrankungen, sagte eine Sprecherin des Landesgesundheitsministeriums dem Tagesspiegel. Eine 55-jährige Frau, die am Mittwoch in Heidelberg an Hus starb, war vermutlich nicht Ehec-infiziert.

Laut RKI sind bundesweit 1213 Ehec- und 520 Hus-Fälle gemeldet. In Berlin sind es nach Angaben der Gesundheitsverwaltung 31 Fälle. mit das/dpa/dapd/AFP

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