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© AFP

Chicago: Obamas Nachbarn

Das Haus neben der Villa der Präsidentenfamilie in Chicago steht zum Verkauf – der Preis ist unbekannt.

Der Objektschutz ist bei dieser Immobilie inbegriffen, ob man will oder nicht. Den übernimmt die härteste Truppe des Landes, der Secret Service. Den Blick aus dem Küchenfenster könnten manche für unbezahlbar halten: direkt auf die hintere Terrasse der derzeit prominentesten Familie der USA. Vom Kinderzimmer im dritten Stock lässt sich begutachten, dass kleinere Reparaturarbeiten dem Dach der Obamas gut täten.

In Chicago steht das Haus neben der Privatvilla der Präsidentenfamilie im vornehmen Universitätsviertel Hyde Park zum Verkauf. Der Preis? Noch unbekannt. Makler Matt Garrison möchte nicht einmal eine ungefähre Größenordnung nennen, sondern die Festlegung dem Markt überlassen. Der Obama-Effekt, gibt er sich gegenüber der „New York Times“ sicher, werde zu einem beträchtlichen Aufschlag führen. „Der Preis ist die Summe, die der höchste Bieter zu zahlen bereit ist.“ Was also ist der Marktwert direkter Nachbarschaft zu den Obamas?

Die Zahlungsfähigkeit von Durchschnittsverdienern wird er so oder so übersteigen. Ähnliche Objekte in der South Greenwood Avenue und ihrer Umgebung wechselten in jüngster Zeit für ein bis 2,5 Millionen Dollar den Besitzer. Die Obamas hatten 2005 für ihre Villa mit sechs Schlafzimmern, vier Kaminen, eingebauten Mahagonibücherschränken und einem tausend Flaschen fassenden Weinkeller 1,65 Millionen Dollar bezahlt. Die Neugier auf die Nachbarimmobilie ist nun riesengroß. Mehr als Zehntausend Menschen haben in den jüngsten Tagen die Internetseite 5040Greenwood.com aufgerufen.

Das Haus, das zum Verkauf steht, ist ein Stockwerk höher als das der Obamas und hat 17 Räume, teils mit Original Bleiglasfenstern. 600 Quadratmeter misst die Wohnfläche, 1200 Quadratmeter das Grundstück. Die bisherigen Besitzer fühlen sich zu alt, um den Garten selbst zu pflegen. Sie lassen auch durchblicken, dass die sachgerechte Erhaltung des rund 100 Jahre alten Hauses sie finanziell ein wenig überfordert, erst recht im Pensionsalter. 71 Jahre alt ist Bill Grimshaw inzwischen, er hat Politikwissenschaften am Illinois Institute of Technology gelehrt. Seine Frau Jacky hat bei den Verkehrsbetrieben gearbeitet und ist eingefleischte Wahlkämpferin der Demokraten.

Die Käufer werden wohl beträchtliche Summen in Modernisierung und Restaurierung stecken müssen. Die Lichtschalter, zum Beispiel, stammen von 1907. Küche und Bäder sind etwas heruntergekommen. Die Holztäfelung verlangt nach einer fachmännischen Hand.

Vor 36 Jahre hatten die Grimshaws das Haus für 35 000 Dollar gekauft. Als sie 1973 einzogen, war Hyde Park noch kein so vornehmes Viertel wie heute. Arbeiterfamilien und Mittelklasse mischten sich. Sie wurden Opfer eines Einbruchs, noch ehe sie die Umzugskisten richtig ausgepackt hatten. Das wird den Nachbewohnern nicht so rasch passieren. Der Geheimdienst hat ein wachsames Auge auf alles, was sich rund um das Haus der Obamas tut. Nach der Präsidentenwahl wurde dieser Block der Greenwood Avenue für den Durchgangsverkehr gesperrt. So stoßen heute nur Fußgänger auf das „Zu verkaufen“-Schild im Vorgarten der Nachbarn.

Die Sicherheit hat freilich ihren Preis. Interessenten werden eine tiefgreifende Überprüfung ihres Lebenslaufs und Bekanntenkreises über sich ergehen lassen müssen. Er hoffe nur, dass sich „ein wahrer Patriot“ als Käufer findet, im Idealfall „ein guter Demokrat“, sagt Professor Grimshaw. Nicht jeder lebe schließlich gerne unter ständiger Beobachtung durch die Personenschützer.

Dafür gibt es ein paar Anekdoten gratis dazu. Die Öffnungen im Zaun zwischen beiden Grundstücken sind gerade groß genug, dass die Töchter Malia und Sasha ihre Hände durchstecken konnten, um Roxy, den Boxer der Grimshaws, zu streicheln. Und in deren Wohnzimmer wurde im Winter 2007 vor dem brennenden Kamin gar ein Wahlwerbespot für den Präsidentschaftskandidaten gedreht – ein nachbarschaftliches Entgegenkommen unter Demokraten, damit die Obamas mitten in der Kampagne nicht ihr eigenes Zuhause für das Kamerateam umräumen mussten.

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