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Panorama: China kämpft mit den Fluten

Mindestens 175 Menschen starben bislang, Hunderttausende sind obdachlos – und es regnet weiter

Von manchen Häusern sind in den Wassermassen der übergetretenen Flüsse nur noch die Dächer zu sehen. Rettungskräfte bringen Bewohner mit Motorbooten in Sicherheit. Teile von Schnellstraßen wurden einfach weggeschwemmt. Anhaltende Unwetter haben zu verheerenden Überschwemmungen und Erdrutschen im Süden Chinas geführt. In einigen Regionen sind es die schwersten Überschwemmungen seit 50 Jahren, wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete.

Die Zahl der Todesopfer der Flutkatastrophe ist weiter gestiegen. Bis Montag starben 175 Menschen in den Wassermassen. Mehr als 100 weitere werden noch vermisst. Das gab das Einsatzzentrum des Verwaltungsministeriums in Peking bekannt. Nach langen Regenfällen waren in zahlreichen Provinzen der Volksrepublik Flüsse über die Ufer getreten und Dämme gebrochen. Über 25 Millionen Menschen in zehn chinesischen Provinzen sind von der Flutkatastrophe betroffen.

Bisher seien 178 000 Häuser zerstört und 1,36 Millionen Hektar Erntefläche beschädigt worden, berichtete das Verwaltungsministerium. Die wirtschaftlichen Schäden wurden auf 29,7 Milliarden Yuan (3,5 Milliarden Euro) beziffert. Tausende Menschen sind nach chinesischen Medienberichten noch von der Außenwelt abgeschnitten, Transportwege und Stromversorgung unterbrochen. Am schlimmsten betroffen waren die Provinzen Jiangxi, Fujian, Hunan und die Region Guangxi.

Wie schnell die Wassermassen in einigen Provinzen angestiegen waren, machen Berichte aus der Krisenregion deutlich. „Der Regen war einfach zu stark. Am Samstagabend stand das Wasser noch bei etwa 10 Zentimetern. Über Nacht hatten die Fluten dann den zweiten Stock unseres Hauses erreicht“, sagte Shao Xu aus der Region Yujiang in der betroffenen Provinz Jiangxi der Zeitung „China Daily“.

Bereits am Sonntag wurden hunderttausende Menschen in Sicherheit gebracht. Mehr als eine Million Bewohner hätten ihre Häuser verlassen müssen, teilten die chinesischen Behörden mit. Regierungschef Wen Jiabao stattete der Krisenregion über das Wochenende einen medienwirksamen Besuch ab. Chinesische Zeitungen zeigten den Regierungschef, wie er zusammen mit Soldaten und Feuerwehrmännern mit bloßen Händen Trümmer beseitigte. Bei seiner Visite in der Region Guangxi versprach er den Betroffenen Unterstützung durch die Behörden und mehr Hilfsgüter wie Nahrung, Trinkwasser und Kleidung.

Nachdem die Regenfälle und Stürme in der Krisenregion am Montag nachgelassen haben, hat der nationale Wetterdienst seine Sturmwarnung auf die unterste Stufe gesenkt. Komplette Entwarnung kann er allerdings noch nicht geben. Von Montag auf Dienstag werden erneut heftige Regenfälle in einigen Regionen im Süden Chinas erwartet.

Die Katastrophe hatte sich vor Wochen angekündigt. Seit Anfang Mai hatten heftige Niederschläge in insgesamt zwölf südchinesischen Provinzen schwere Überschwemmungen und Erdrutsche ausgelöst. Am Donnerstag dann hatte der Perlfluss in der Provinz Guangdong einen gefährlichen Wasserstand erreicht. Der weitverzweigte Strom ist Chinas zweitlängster Wasserweg. Das Staatsfernsehen zeigte Bilder aus Guangdong von fast völlig überfluteten Häusern. In der benachbarten Provinz Fujian traten ebenfalls Flüsse über ihre Ufer. In der Provinz Jiangxi begannen Arbeiter nach Erdrutschen, riesige Steinbrocken von den Straßen zu räumen. Noch wenige Monate zuvor hatte der Süden Chinas unter der schlimmsten Dürre seit einem Jahrhundert gelitten.

China gehört zu den 15 von 229 Ländern, die einer kürzlich veröffentlichten britischen Studie zufolge in „extremer“ Katastrophengefahr schweben, ähnlich wie Indien, ein weiteres Schwellenland. Am meisten von Naturkatastrophen bedroht sind allerdings die Menschen in Bangladesch, Indonesien und dem Iran. In Bangladesch kamen in den vergangenen drei Jahrzehnten über 191 000 Menschen durch Stürme, Überschwemmungen, Erdbeben und andere Katastrophen ums Leben, wie die britische Beratungsfirma Maplecroft in ihrer Risikostudie feststellt. Deutschland liegt mit einem „mittleren“ Risiko an 50. Stelle weltweit. Als einzige Industriestaaten mit hoher Gefährdung – durch Hitze – gelten Italien und Frankreich.Mit AFP/rtr/dpa

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