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Panorama: Chinas Regierung greift im Milchskandal durch

Staatschef rügt Beamte und kündigt scharfe Kontrollen an / Medien sollen Fahndungserfolge feiern

Zehn Tage nach Bekanntwerden des chinesischen Milchskandals hat sich erstmals auch Staats- und Parteichef Hu Jintao zu dem Fall geäußert. Wie Chinas Medien am Samstag berichteten, übte er bei einer internen Parteitagung scharfe Kritik an lokalen Behörden, die schon seit Wochen über die Verseuchung von Molkereiprodukten mit der Industriechemikalie Melamin informiert gewesen waren, ohne aktiv zu werden. Damit hätten sie dem „Leben und Wohlergehen der Massen großen Schaden zugefügt“, zitierte das Parteiblatt „Renmin Ribao“ den Präsidenten. „Diese Vorfälle zeigen, dass einige Beamte das Gespür für Prinzipien, öffentliches Interesse, Verantwortung sowie jede Aufmerksamkeit für Leiden verloren haben.“ Aus dem Fall müsse die Regierung „schmerzhafte Lektionen lernen“, sagte Hu. Der Staatsrat kündigte am Samstag harte Strafen für die Verantwortlichen an und ordnete schärfere Kontrollen in der Milchindustrie an.

Nach offiziellen Angaben sind bisher vier Babys gestorben, die mit verunreinigtem Milchpulver gefüttert worden waren und daraufhin Nierensteine entwickelt hatten. Insgesamt wurden 6244 erkrankte Säuglinge registriert; 1327 Kinder mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden. In 158 Fällen stellten die Ärzte „akutes Nierenversagen“ fest. Allerdings hat das Gesundheitsministerium seine Angaben seit vergangenem Mittwoch nicht mehr aktualisiert. Das könnte als Zeichen dafür gewertet werden, dass die Statistik inzwischen schlimmer aussieht, als die Regierung zugeben möchte.

Immerhin wurde Melamin in den vergangenen Tagen in mehr Produkten nachgewiesen als anfangs bekannt war, darunter in Frischmilch, Joghurt und Speiseeis. Mehrere Länder haben inzwischen Importverbote verhängt, darunter Malaysia, Singapur, Tanzania und Gabon. In Japan wurden am Samstag tausende Brötchen vom Markt genommen, die mit Milch des chinesischen Herstellers Yili gebacken worden waren. Am Freitag hatten chinesische Behörden in rund zehn Prozent von Yilis Frischmilchproben Melamin nachgewiesen. Die Firma war offizieller Sponsor der Olympischen Spiele.

Chinas Behörden versuchten Konsumenten mit der Erklärung zu beruhigen, dass von den festgestellten Melamindosierungen für Erwachsene keine Gesundheitsgefährdung ausgehe. „Nimmt man den strengsten Standard, könnte ein Erwachsener, der 60 Kilo wiegt, jeden Tag zwei Liter Milch mit Melamin trinken, ohne das es gefährlich ist“, schrieb die Neue Hauptstadtzeitung. Peking hat die Staatsmedien angewiesen, bei der Berichterstattung die Fahndungserfolge und angekündigten Reformen des Qualitätssicherungssystems in den Vordergrund zu rücken. 18 Personen wurden bisher festgenommen.

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