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"Colonia Dignidad": 20 Jahre Haft für Paul Schäfer

Paul Schäfer, Gründer der berüchtigten chilenischen Siedlung "Colonia Dignidad", ist wegen Kindesmissbrauchs zu 20 Jahren Haft verurteilt worden.

Santiago de Chile - Der Gründer der berüchtigten Deutschen-Siedlung «Colonia Dignidad» im Süden Chiles, Paul Schäfer (84), ist wegen Kindesmissbrauchs in 25 Fällen zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Außerdem müsse der frühere Jugendpfleger den Opfern Schadensersatz in Höhe von insgesamt 770 Millionen Pesos (1,25 Millionen Euro) zahlen, berichteten chilenische Medien am Donnerstag unter Berufung auf den Richter Hernán González.

Schäfer, gegen den in Deutschland schon früher wegen Kindesmissbrauchs ermittelt worden war, hatte Ende der 50er Jahre hunderte Deutsche dazu überredet, nach Chile auszuwandern. Mit ihrer Hilfe gründete er die sektenartige Siedlung «Colonia Dignidad» Anfang der 60er Jahre in der Nähe von Parral in Südchile. Während er den Siedlern eine rigide Moral predigte, Familien zerriss und Ehen zu verhindern suchte, verging er sich in einem eigens gebauten Baderaum an Kindern und Jugendlichen.

Die nun am Mittwoch abgeurteilten Taten wurden zwischen 1993 und 1997 begangen, aber nach Aussagen von Siedlern wurden Minderjährige schon viel früher von Schäfer missbraucht. Ob dieser Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen will, war zunächst unbekannt.

Gegen den «Colonia»-Gründer ist in Chile noch ein weiteres Strafverfahren wegen Menschenrechtsverbrechen anhängig, weil die Geheimpolizei Dina von Diktator Augusto Pinochet (1973-1990) die damals hermetisch von der Außenwelt abgeschottete Siedlung für Folter und Ermordung von Regimegegnern nutzte, an denen sich Schäfer beteiligt haben soll.

Der für diese Verfahren zuständige Richter Jorge Zepeda teilte mit, mindestens 30 Opfer der Pinochet-Diktatur seien auf dem weitläufigen Gelände der Landwirtschaftsanlage in den 70er Jahren zunächst verscharrt und später zur Beseitigung der Spuren wieder ausgegraben worden. Mitglieder der Siedlung hatten dies bestätigt und erzählt, die sterblichen Überreste seien verbrannt worden.

Schäfer war 1997 wegen der beginnenden Strafermittlungen gegen ihn untergetaucht und erst im vergangenen Jahr in Argentinien festgenommen und nach Chile abgeschoben worden. Die Siedlung hatte kurz nach dem Ende der Pinochet-Diktatur ihren juristischen Status und damit Steuerprivilegien verloren und benannte sich in «Villa Baviera» um. Die heutigen Bewohner haben sich von Schäfer losgesagt und die Opfer in einem offenen Brief im März um Vergebung gebeten. (tso/dpa)

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