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Aus Angst vor dem Mers-Virus tragen viele Menschen in Südkorea Gesichtsmasken. Hier Touristen in Seoul.

© AFP

Update

Coronavirus: Mers-Ausbruch trifft Südkorea unvorbereitet

Der aktuelle Mers-Ausbruch in Südkorea weckt Erinnerungen an Sars. Bei beiden Erregern handelt es sich um Coronaviren. Die Unruhe in Südkorea wächst, dass sich das Mers-Virus ähnlich wie Sars sprunghaft weiter verbreitet.

Die Nachfrage nach Schutzmasken und antiseptischer Seife steigt in Südkorea deutlich an. Mehr Südkoreaner als üblich tragen in der Zehn-Millionen-Metropole Seoul in Bussen oder U-Bahnen eine blaue oder weiße Maske vor dem Gesicht. Die Bilder belegen, dass die Angst wegen des Mers-Ausbruchs zunimmt. Ob die Masken einen Schutz gegen die ansteckende Atemwegserkrankung bieten, an der in dem Land bis Freitag schon vier Menschen gestorben sind, steht auf einem anderen Blatt. Mittlerweile sind mehr als 1600 Menschen unter Quarantäne gestellt und mehr als 1000 Schulen und Kindergärten geschlossen. Selbst Kamele in Zoos wurden isoliert.

Nach bisheriger Erkenntnis wurde das Coronavirus seit vielen Jahren im Nahen Osten unerkannt von Kamelen auf Menschen übertragen.  Viele Südkoreaner trauen den Behörden kaum zu, den Ausbruch rasch in den Griff zu bekommen. Selbst Präsidentin Park Geun Hye hatte die anfängliche Reaktion der Behörden auf den ersten Mers-Patienten vor mehr als zwei Wochen als unzureichend kritisiert. Doch mittlerweile hat der Kampf gegen die weitere Ausbreitung auch politische Priorität. Der Ausbruch stelle den „ultimativen Stresstest“ für die Regierung dar, heißt es in einer Stellungnahme des Leiters des Instituts Pasteur Korea, Hakim Djaballa. Das Vorgehen gegen Mers gleiche eher einer „aktiven militärischen Feldoperation“.   

In Südkorea macht sich große Unsicherheit breit

Der Ausbruch traf Südkorea nach Meinung von Beobachtern wie Djaballa völlig unvorbereitet. Zwar herrscht keine Panik, doch macht sich große Unsicherheit breit. Dazu trägt auch bei, dass von dem potenziell tödlichen Virus wenig bekannt ist, etwa wie genau die Übertragungswege aussehen. Es gibt weder ein Mittel dagegen noch einen Impfstoff. Die Krise hat auch Erinnerungen am Sars-Ausbruch wachgerufen, bei dem 2003 rund 800 Menschen starben. Mers und Sars gehören zu den sogenannten Coronaviren, zu denen auch Erkältungsviren zählen. 

In Südkorea wächst nun die Angst vor einer unkontrollierten Verbreitung von Mers. Bis Freitag gab es über 40 bestätigte Ansteckungsfälle. Eingeschleppt wurde die Krankheit von einem 68-jährigen Mann, der im Mai von einer Nahostreise heimgekehrt war. Für Experten ist der bisher größere Mers-Ausbruch außerhalb des Nahen Ostens keine Überraschung. Laut Djaballa gehört dies zu den Begleiterscheinungen der Globalisierung: „Wir sind als Reisende mobiler geworden als noch vor einem Jahrhundert, mehr und mehr Handelsgeschäfte werden zwischen Ländern gemacht, die weit voneinander entfernt liegen.“       

Doch während in den meisten der zwei Dutzend Länder mit Mers-Erkrankungen nur vereinzelt Fälle bekanntwurden, scheint sich das Virus in Südkorea rascher auszubreiten. Ein Hinweis, warum das so sein könnte, kommt von der Weltgesundheitsorganisation (WHO): „Bei diesem Ausbruch erfolgten alle bekannten Übertragungen des Virus, bevor angemessene Infektionsprävention und Kontrollverfahren angewandt wurden.“ Alle Folgeinfektionen von Patienten, Klinikpersonal oder Besuchern gingen vom ersten Mers-Kranken aus. 30 der über 40 Mers-Patienten wurden in derselben Klinik südlich von Seoul behandelt. Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Bonn, schließt nicht aus, dass die Klinik in Südkorea von der ersten Diagnose im Land schlichtweg überrascht worden sei. Es könnten darum wichtige Hygieneregeln anfangs nicht beachtet worden sein.

Südkoreas Gesundheitsministerium schloss die Möglichkeit am Freitag nicht aus, dass sich das Virus über die Klimaanlage des Krankenhauses verteilt habe. Auch wird in Südkorea spekuliert, dass sich das Mers-Virus, das 2012 zum ersten Mal nachgewiesen wurde, verändert haben könnte und sich jetzt schneller ausbreite. Aufschluss darüber soll eine Analyse des Virus-Erbguts bringen. Experten warnten bereits: Behörden weltweit sollten sich vorsichtshalber darauf vorbereiten, dass ein Mers-Virus mit weit höherer Ansteckungsrate eine Pandemie zur Folge haben könnte. (dpa)

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