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Panorama: Da hilft keine Salbe

Uschi Glas hat den Hautcreme-Prozess gegen die Stiftung Warentest verloren – und will weiterkämpfen

Berlin - Schon eine halbe Stunde vor der Urteilsverkündung haben Kameraleute und Fotografen das Berliner Landgericht umstellt. In ihren Augen glüht der Jagdeifer. Ein Fotograf erzählt, er habe Uschi Glas am Vorabend im Hotel Adlon gesehen – und warum solle sie sonst in der Stadt sein, wenn nicht zur Entscheidung über ihre Klage gegen die Stiftung Warentest an diesem Donnerstag?

Vor einem Jahr hatte die Stiftung die Gesichtscreme aus Glas’ „Hautnah“-Kollektion mit „Mangelhaft“ bewertet, weil mehrere Probandinnen beim Test Schuppen und Pickel bekommen hätten. Darauf wiederum reagierte Uschi Glas allergisch – und klagte gegen die Stiftung, deren Ruf mit ihrer Unabhängigkeit steht und fällt. So kam es, dass vor Gericht zwei deutsche Institutionen gegeneinander antraten.

Uschi Glas ist nicht in Sicht; die Kameraleute filmen, was ihnen vor die Linse kommt. „Keene Bilder von mir!“, herrscht die Protokollantin die Meute in dem kleinen, muffigen Gerichtssaal an. Endlich öffnet sich die Tür hinter der Richterbank und das Gericht um Michael Mauck tritt ein. Der Vorsitzende schaut wieder mit diesem gütigen Sozialpädagogenblick über seine Lesebrille, mit dem er schon beim ersten Verhandlungstermin Mitte März die Fotos der geschundenen Probandinnen begutachtet hatte. Schlimme Bilder von fleckigen Gesichtern. Sieben von 29 Probandinnen hätten den Test vorzeitig abbrechen müssen, erklärte die Stiftung. Die Kläger dagegen hielten die Testmethoden für unseriös und parteiisch. Sie wollten das „Mangelhaft“ anfechten sowie Schadenersatz für den Umsatzeinbruch der Vertriebsfirma 4S-Marketing bekommen – und für die Rufschädigung der Schauspielerin.

„Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil“, hebt Mauck an, nachdem er die Kameraleute aus dem Saal geschickt hat. „Die Klage wird abgewiesen.“ Die Kosten des Verfahrens habe die Klägerin zu tragen, eine Urteilsbegründung sei bei Zivilsachen nicht üblich. Aber weil es gerade so viele im Saal wissen wollen, fügt der Vorsitzende hinzu: „Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass der Test fehlerhaft war – und darauf kommt’s ja an.“ Die Auswahl von Cremes und Testerinnen sei nicht erkennbar einseitig gewesen.

Dabei hatten die Kläger vier Gegengutachten vorgelegt, in denen die Creme besser abgeschnitten hatte als bei den Warentestern. „Das beweist doch nichts“, hatte der Richter gesagt und von seiner Tochter erzählt, die auch manche Kosmetik nicht vertrage. Ein Ausschlag bedeute doch kein gefälschtes Testergebnis.

Uschi Glas sah das von Beginn an anders. Seit das Testergebnis auf dem Tisch lag, schwor sie unermüdlich Rache. Anfang des Monats schien ein Teilerfolg erreicht: Anwälte der Herstellerfirma ließen der Stiftung Warentest per einstweiliger Verfügung verbieten, eine Passage aus einer Pressemitteilung weiter zu verbreiten. Darin hieß es, dass ausschließlich die Uschi-Glas-Creme schwere Hautirritationen hervorgerufen habe. Die Schauspielerin drohte anschließend via „Bild“-Zeitung: „Ich verlange eine hohe sechsstellige Summe – das wird ihnen eine Lehre sein!“ Sechsstellig war auch der Umsatzeinbruch, den der Cremeverkaufssender „Home Shopping Europe 24“ nach dem Warentest-Urteil zu verzeichnen hatte.

Doch die Stiftung Warentest wirkte schon vor dem gestrigen Urteil nicht gerade eingeschüchtert. „Wir werden jedes Jahr ungefähr zehn Mal verklagt“, hieß es aus der Zentrale am Lützowplatz. „Aber wir sind in den vergangenen 40 Jahren noch nie rechtskräftig zu Schadenersatz verurteilt worden.“ Stiftungssprecherin Heike van Laak kündigte gestern noch im Gerichtssaal an, gegen die einstweilige Verfügung vorgehen zu wollen. Im Übrigen habe die Stiftung „mit diesem Urteil gerechnet, weil wir ja wussten, dass mit unserem Test alles in Ordnung ist“.

Doch mit dem Urteil sind die Falten nicht geglättet: „Wir halten diese Entscheidung für falsch und werden uns damit nicht geschlagen geben“, erklärte Uschi Glas. Man werde die ausführliche Urteilsbegründung abwarten und vermutlich in Berufung gehen. „Das verlangt meine Ehre, dass ich weiterkämpfe.“ Klägeranwältin Tanja Irion sagte dem Tagesspiegel mit Blick auf die Kurz-Begründung des Gerichts: „Das schreit nach Berufung!“

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