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Panorama: Darmkrebs-Vorsorge: Auch der Arzt sieht fern

"Warum sind Sie nicht zur Vorsorge gekommen?", diese Frage dürfte für Ärzte zur Routine gehören.

"Warum sind Sie nicht zur Vorsorge gekommen?", diese Frage dürfte für Ärzte zur Routine gehören. Besonders folgenreich sind die Folgen der Verspätung bei Darmkrebs. Denn bei neun von zehn Betroffenen hätte es vermieden werden können, dass sich aus den Vorformen, den Polypen, ein Tumor entwickelt. "Die Polypen können leicht von der Darmwand abgetragen werden", sagt Dieter Ludwig, Privatdozent an der Medizinischen Universität Lübeck.

Ein Alarmzeichen ist Blut im Stuhl, aber oft entwickelt sich Darmkrebs auch ohne Vorwarnung. Die Vorsorge wird oft vernachlässigt, aus Sorglosigkeit, aber auch aus falscher Scham. Der Darm und seine Funktion gilt vielen als schmutziges Thema, über das nicht gerne gesprochen wird. Deshalb wird die Diagnose oft erst gestellt, wenn sich der Krebs schon weit entwickelt hat und Absiedelungen, Metastasen, in andere Organe gewandert sind.

Mangelnde Vorsorge trägt also zum großen Teil dazu bei, dass jedes Jahr in Deutschland rund 30 000 Patienten an Darmkrebs sterben, wie Ludwig berichtet. Etwa 50 000 Menschen werden hier zu Lande jährlich mit der Diagnose konfrontiert. Die Ursachen für die Krankheit liegen - wie bei den meisten Tumoren - weitgehend im Dunkeln. Allerdings spielt bei Darmkrebs der Lebensstil, vor allem die Ernährung, wohl eine große Rolle. Experten schätzen den Anteil, den wir selbst zum Entstehen beitragen, auf bis zu neunzig Prozent.

Riskant sind nicht einzelne Nahrungsmittel, sondern die ganze Palette von Ess- und Lebensgewohnheiten. Negativ wirkt sich zu viel kalorienreiches Essen aus, das zu Übergewicht führt. Vermieden werden sollte zu viel an gesättigten, meist tierischen Fetten, wie sie sich in Butter oder Käse, Wurst oder Schweinefleisch befinden. Überhaupt sollte man nur kleine Rationen von "rotem" Fleisch, das also von Schwein, Rind, Wild oder Lamm stammt, zu sich nehmen.

Positive Faktoren sind dagegen der ausreichende Verzehr von Ballaststoffen und Nährstoffen wie Vitamin E oder Beta-Carotin. Deshalb sollte man viel frisches Obst und Gemüse essen. Als besonders krebsvermeidend gelten Kohl, Tomaten oder Zwiebeln. Erhöhter Alkohol- und Nikotinkonsum oder Mangel an Bewegung fördern dagegen das Risiko.

Die Wahrscheinlichkeit, an Darmkrebs zu erkranken, nimmt mit dem Alter zu. Sieben von zehn Diagnosen betreffen Patienten zwischen 50 und 80 Jahren. Ab 45 Jahren beginnt ein steiler Anstieg der Fälle, der Höhepunkt wird mit 65 Jahren erreicht. Der Grund dürfte darin liegen, dass im Alter das Immunsytem nicht mehr so leitungsfähig ist und die körpereigenen Reparaturmechanismen weniger gut funktionieren.

Darmkrebs ist aber keine reine Alterskrankheit. Wenn junge Menschen betroffen sind, liegt dies allerdings häufig an familiärer Vorbelastung. Experten gehen davon aus, dass bis zu dreißig Prozent der Drmkrebsfälle auf Vererbung zurückgehen. Nur bei etwa jedem Zehnten dieser familiär belasteten Patienten sind die beteiligten Genveränderungen bekannt.

Bei familiärer Belastung ist es sinnvoll, früh mit der Vorsorge zu beginnen. Anhaltspunkt ist der Zeitpunkt, bei dem bei einem Verwandten ersten Grades die Krankheit erstmals aufgetreten ist. "Etwa zehn Jahre früher sollte man zur Vorsorge gehen, sagt Johann Ockenga, Oberarzt an der Charité. Denn Darmkrebs entwickelt sich nur langsam. es dauert etwa ein Jahrzehnt, bis aus den Polypen ein Tumor entstanden ist.

Wenn in der Familie kein Fall von Darmkrebs aufgetreten ist, empfiehlt Experte Ockenga, sich spätestens mit 40 Jahren um Früherkennung zu bemühen. Zunächst reicht dazu der Stuhltest aus, der verstecktes Blut im Stuhl entdeckt. Bei Alarmsignalen sollte man sich an den Hausarzt wenden, der bei Bedarf an einen Facharzt überweist. Ab dem Alter von 50 Jahren sollte die Darmspiegelung dazu kommen. Bei der so genannten Koloskopie kann verdächtiges Gewebe entnommen und auf Tumorbildung unterucht werden. Bestätigt sich der Verdacht folgen Untersuchungen mit Ultraschall- und Computertomografie.

Paul Janositz

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