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Panorama: Das Ego von New York

Beleidigungen, Protzereien und leere Ankündigungen – Donald Trump ist wieder mal in seinem Element

Da stand er nun mit seinem unmöglichen Haarschnitt im unmöglichen Foyer seines kitschigen Wolkenkratzers und gab Unmögliches von sich. Die Pläne des Star-Architekten Daniel Libeskind für den Freedom Tower am Ground Zero seien „der schlimmste Architektur-Schrott, den ich je gesehen habe“, sagte Donald Trump. Libeskind nannte er einen weltfremden Eierkopf, der die Wünsche der New Yorker nicht verstehe, und die Baustelle in Downtown Manhattan „einen großen Haufen Müll“. Dann enthüllte er seinen eigenen großen Wurf – Zwillingstürme, die aufs Haar jenen gleichen, die am 11. September 2001 zerstört wurden. Nur ein bisschen höher und ein bisschen sicherer sollen sie sein.

Das war also wieder ein echter Trump. Oder, wie die New Yorker sagen: „The Donald“ hat zugeschlagen. Denn wenn der 58 Jahre alte Immobilientycoon für eines in der Stadt bekannt ist, dann für eine gute Show. Jedenfalls im amerikanischen Stil. Ziemlich laut, ziemlich großkotzig – aber in den Augen seiner Landsleute doch irgendwie charmant. Er kann über seine in einer absurden Föhnwelle drapierten, ziemlich dünn gewordenen roten Haare Scherze machen und über seine gescheiterten Skandal-Ehen mit Semi-Celebrities herziehen. Oder, wie es ein Leserbriefschreiber im konservativen Boulevard-Blatt „New York Post“ ausdrückte: „Auf der einen Seite haben wir einen Business-Mann mit einem enormen Ego, aber auch mit einer enormen Liebe für New York. Auf der anderen Seite haben wir einen kindischen Eierkopf, der einen scheußlichen Plan für ein peinlich-hässliches Gebäude gezeichnet hat. Ich bin in Donalds Team.“

Trump vs. Libeskind – wenn es denn so simpel wäre. Zu gewinnen gibt es für Trump in diesem Spiel nämlich nichts – abgesehen von noch mehr Publicity. Die Würfel sind längst gefallen. Der Libeskind-Entwurf wird zwar wegen Sicherheitsbedenken der Polizei noch einmal überarbeitet, doch dass er gänzlich stirbt, ist ausgeschlossen. Immobilienlöwe Larry Silverstein besitzt zudem nicht nur einen 99 Jahre laufenden Pachtvertrag für das Filetgrundstück im Finanzdistrikt, er hat auch die notwendigen Milliarden, um das neue Wahrzeichen für die Stadt zu errichten. Trump dagegen hat nichts: keinen Vertrag und kein Geld. Nur ein großes Mundwerk.

Damit kam er allerdings erstaunlich weit. Geboren in New York als eines von fünf Kindern, trat er nach einem Wirtschaftsstudium in die Fußstapfen seines mit Immobilien reich gewordenen Vaters. In seinem Buch „The Art of the Deal“ bekennt er, er habe damals kurz über eine Karriere in der Filmbranche nachgedacht, „aber Immobilien sind einfach das lukrativere Business“. Neuerdings gelingt es ihm sogar perfekt, beide Leidenschaften mit einander zu verbinden. Seit gut einem Jahr läuft seine Reality-Show „The Apprentice“ („Der Lehrling“) mit großem Erfolg zur Hauptsendezeit bei NBC. Darin müssen sich die Kandidaten jede Woche einer neuen Management-Herausforderung stellen – und wer es nicht gut genug macht, dem schleudert Trump die Worte entgegen: „You are fired!“ Der Sieger darf sich ein Jahr lang als Manager im Trump-Imperium versuchen. Die dritte Staffel ist gerade zu Ende gegangen, der letzte Teil wurde – oh Wunder – einen Tag nach Trumps Auftritt in Sachen Ground Zero gezeigt. Trump versäumte es nicht, bei dem einen Ereignis jeweils auf das andere hinzuweisen. CrossPromotion nennen die Werber das, ein Prinzip, das Trump mit der Muttermilch einsog. Eine vierte TV-Staffel wird gerade gedreht, der Broadway bastelt an einer Musical-Fassung. Bei so viel Lärm um seine neue Rolle gerät seine alte fast in Vergessenheit. Was nur gut für Trump ist, schließlich sieht seine Bilanz höchst durchwachsen aus.

Eine Hand voll einfallslose, mit Messing und Marmor voll gestopfte Wolkenkratzer in Manhattan tragen seinen Namen, die meisten musste er jedoch längst den Banken überschreiben oder verkaufen. Seine mit 1,8 Milliarden gnadenlos überschuldeten Casinos in Atlantic City und Indiana rettete er gerade diese Woche mit knapper Not vorm Konkurs. Eine Bedingung der Geldgeber war, dass Trump künftig die Finger vom Wirtschaftlichen lässt.

Doch einer wie „The Donald“ schweigt über solche Missgeschicke nicht verschämt, er verkauft sie als Erfolg. „Es war ein unglaublich positiver Prozess“, sagte er, „ich war in der Lage, die Schulden zu verringern, die Zinszahlungen zu verringern, und ich habe über Nacht die Struktur der Firma verändert.“ Wie schrieb doch der „Hollywood Reporter“ in der Besprechung eines Trump-Porträts, das demnächst im Fernsehen laufen soll? „Er wird dargestellt als ein öffentlichkeitssuchender Egomane, der durch Steuerschlupflöcher springt wie ein trainierter Delphin durch Ringe. Die Leute lieben ihn vielleicht nicht, aber sie lieben es, ihm zuzusehen.“

Trump hat seine eigene Sichtweise. Vor einigen Jahren, seine Geschäfte waren gerade im Niedergang, da wurde folgende Geschichte kolportiert. Er lief mit einer Frau durch die Straßen Manhattans. Als er einen Bettler sieht, sagt er der Frau: „Sieh, dieser Bettler da, er ist reich. Er hat keinen Dollar in der Tasche, und ich habe 900 Millionen Dollar Schulden.“

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