zum Hauptinhalt

Panorama: Das Gammelfleisch war sein Ruin

Der hauptbeschuldigte Münchner Händler hat sich getötet – seine Frau fand ihn im Keller

München - Der Druck war immens. Am Mittwoch hat sich der Hauptbeschuldigte im Münchner Gammelfleischskandal das Leben genommen. Die Ermittler hatten herausgefunden, dass der Fleisch- Großhändler Haltbarkeitsdaten fälschen, aufgetaute Ware wieder einfrieren und nicht mehr zum Verzehr geeignetes Fleisch ausliefern ließ.

Nach ihren Angaben hat der 74-Jährige damit grob gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften verstoßen. Erst nach dem Freitod des Großhändlers wurde aus der Sonderkommission bekannt, dass seine Münchner Firma vor der Pleite stand. Die Ermittlungen im Gammelfleischskandal laufen allerdings auch nach dieser tragischen Wende weiter – denn man müsse von weiteren Beteiligten ausgehen, hieß es.

Der Fleischhändler hatte in der Familie bereits mehrmals angedeutet, dass ihm der Druck zu groß werde und vor allem das starke Medieninteresse arg zusetze. Doch diese Signale seien wie oft bei versteckten Suizid-Ankündigungen nicht erkannt worden, sagte der Leiter der Sonderkommission „Kühlhaus“, Josef Wilfling. Wie jeden Morgen ging der 74-jährige Unternehmer auch am Mittwoch in den Keller seines Hauses im Münchner Stadtteil Freimann, um auf dem Trimmrad etwas Frühsport zu betreiben. Als er nicht zum Frühstück kam, sah die 65 Jahre alte Ehefrau gegen 7 Uhr 30 nach und fand ihren Mann erhängt am Treppengeländer.

Nach Angaben der Polizei gibt es keinen Zweifel, dass der Suizid im Zusammenhang mit den Ermittlungen steht – auch wenn kein Abschiedsbrief gefunden wurde. Die Untersuchungen der Kriminalpolizei ergaben keinerlei Hinweise auf ein Fremdverschulden, dennoch wurde eine Obduktion angeordnet. Der Unternehmer mit 16 Mitarbeitern hatte zu den Vorwürfen geschwiegen. Mit dessen privaten und geschäftlichen Finanzen „stand es nicht zum Besten“, sagte Wilfling. Die Firma habe praktisch vor der Pleite gestanden. „Der Fairness halber muss man aber sagen: Nicht alles, was der 74-Jährige gelagert und ausgeliefert hat, war schlecht.“

Im Kühlhaus des Unternehmers sind derzeit rund 400 Tonnen Lebensmittel gelagert, hauptsächlich Fleisch. Davon sortierte „ein Heer von Lebensmittelkontrolleuren“ bis zum Mittwochvormittag weit über 60 Tonnen nicht mehr genießbares Fleisch und 43 Tonnen verdorbenes Gemüse aus. Der 74-Jährige hatte nach Feststellungen der Kripo bundesweit rund 2500 Kunden – die Mehrzahl davon in Bayern – sowie 50 Abnehmer im benachbarten Ausland. Das beanstandete Fleisch hat nach Angaben von Wilfling schlecht gerochen, Ekel erregend ausgesehen und war in Farbe und Konsistenz stark verändert. Bei mehr als zehn Tonnen des sichergestellten Fleisches waren die Haltbarkeitsdaten teilweise um vier Jahre überschritten.

Zu der beschlagnahmten Ware gehörten mehrere Tonnen Dönerspieße.

„Da zeichnet sich eine Art Dönermafia ab“, sagte Wilfling. Mit Wissen einzelner Dönerbetriebe seien offenbar Spieße aus aufgetautem Fleisch hergestellt worden, das übrige Fleisch sei dann einfach wieder eingefroren und später anderweitig verkauft worden. „Da zeichnen sich Dinge ab, die einen sehr bedenklich machen“, erklärte Wilfling.

„Aber man darf nun auch nicht alle Dönerbuden unter Generalverdacht stellen.“ Auch dort versuche nur ein kleiner Teil, sich mit kriminellen Methoden zu bereichern. Mit Spannung werden nun weitere Ergebnisse der Soko „Kühlhaus“ erwartet.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false